Vor dem Restaurant Dreierlei an der Zweierstrasse 114 lachen einem als erstes 3 schelmisch aussehende Affen an. Wer ganz genau hinschaut, erkennt, dass die Primaten jeweils Tomaten auf den Augen, Schüblig in den Ohren und den Mund zu voll haben.
Allerdings verkörpern die Besitzer des frisch aus dem Ei gepellten Restaurants keinesfalls auch nur eines dieser Attribute. Flavia Flüeler und Niklas Haak sind keine Novizen in der Zürcher Gastroszene. Im Jahr 2015 gründeten die beiden das Bugs&Spices Catering welches mittlerweile unter anderen Cateringpartner der VBZ ist. Zusammen mit Ingo Papenberg betreiben sie nun seit Anfang Jahr das Dreierlei in Wiedikon. Bei Bugs&Spices halten klar Flüeler und Haak die Zügel in der Hand, beim Restaurant lassen sie aber Papenberg und seinem Küchenteam kreative Freiheit. Die Ingredienzen werden zwar von den beiden persönlich auserlesen, doch die Zubereitungsart ist Chef(koch)-Sache.
Saurer Teig und wollene Säuli
Betritt man das Restaurant, findet man sich in einer geräumigen Stube wieder. Genug gross um ca. 40 Leute zu bewirten, aber genug klein um das Wohnzimmerambiente beizubehalten. Platztechnisch wurde der Raum optimal genutzt. Die kleinen Tische stellen nicht wie so oft in Restaurants ein ernstzunehmendes Problem dar, sondern sind perfekt auf die Teller abgestimmt. Obwohl wir zeitenweise 4 verschiedene Speisen auf unserem Zweiertisch hatten, wurde es nie zu eng. Die ansprechend ausdekorierte Bar trennt die Küche sauber vom Speiseraum. Grosser Lärm aus der Küche ist nicht zu hören, obwohl wir direkt nebenan sitzen.
Saurer Teig und wollene Säuli
Um den ersten und gröbsten Hunger zu tilgen gibt’s erstmal Griebenschmer vom Mangalizersäuli zusammen mit Sauerteigbrot. Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass hier nicht die Rede von einem stinknormalen Schmer- bzw. Schmalzaufstrich ist, sondern eben von Schmer vom Mangalizersäuli. Die ungarische Wollsau oder eben „Mangalica-Sau“ ist nebst vielen anderen, eine der Arten welche von „Pro Specia Rara“ vor dem Aussterben bewahrt wird. Haak bezieht darum unter anderem regelmässig Fleisch über die Stiftung bzw. deren Mitglieder, bei welchen nebst der Arterhaltung die Artgerechte Tierhaltung im Vordergrund steht. Auch wenn das etwas paradox klingen mag, trägt man mit dem Verzehr dieses Fleisches aktiv etwas gegen das Aussterben gewisser Gattungen und Arten in der einhemischen Fauna bei.
Foodtrends werden hier bewusst eingesetzt
Nach eigenen Angaben ist laut Haak das Label beim Fleisch schön und gut, aber die artgerechte Haltung schlussendlich ultimativ ausschlaggebend dafür, ob das tierische Produkt in sein Restaurant findet. Er selber geht darum oft direkt zu den Bauern, bei welchen er sein Fleisch bezieht um sich ein eigenes Bild vor Ort zu machen. Prime Cuts wird man im Dreierlei eher selten antreffe: Verwendet wird das ganze Tier und dabei oftmals auch die „unkonventionellen“ Stücke. Beim Gemüse wird darauf geachtet vor allem regional und lokal einzukaufen.
So wird meine Vorfreude auf die heutige Schlemmerei, wie das Essensangebot im Dreierlei genannt wird, noch grösser und wir bestellen eine Auswahl an Gerichten aus dem überschaubaren Menü. Denn auch hier gilt die Devise: Sharing is caring. Sharing, weil man die vielen Gerichte gut und gerne teilen kann und Caring, weil den Restaurantbesitzern sowie dem Gast die Herkunft und Haltung der Tiere nicht Wurst ist.
Die Schlemmerei
Die schmackhafte Forelle mit Lardo (lang gereifter, weisser Speck) zur Vorspeise ist fantastisch. Speck und Fisch sind oftmals eine gewagte Kombo, da Speck geschmacklich gesehen ja kein zurückhaltender Kollege ist. Hier passt es aber wie die Faust aufs Auge und der Fisch wird nicht in den Hintergrund gedrängt.
Auch der Chorizo mit Kartoffeln und Molke macht eine gute Figur und das Gericht überzeugt mit einer überraschenden Leichtigkeit. Würzig, butterweich und nicht zu pikant ist der Chorizo klar der Star auf diesem Teller.
Gitzi, Kürbis und Federkohl tönt nach dem, was sich vermutlich die meisten Leute unter einem Hauptgang vorstellen; Fleisch und Beilagen. Doch auch bei diesem Gericht wird jeder einzelnen Komponente genug Platz zugesprochen, sodass man den unterschiedlichen Zutaten automatisch mehr Beachtung schenkt und sie besonders geniesst.
Dazu bestellen wir noch drei weitere Teller: Lauch und Eigelb fungieren zwar bei unserem Essen tatsächlich eher als Beilage, munden aber nichtsdestotrotz. Der Spitzkohl mit Kombucha wurde perfekt zubereitet – nicht lampig, aber auch nicht zu roh und knackig. Das leckere Gericht wird mit ein bisschen Joghurtsauce und Röstzwiebeln abgerundet.
Der Kartoffeflan war für mich, obwohl nur als eine Nebenrolle vorgestellt, definitiv einer der Stars des Abends. Klar, ich liebe Kartoffeln generell in allen Arten, ob als Salzkartoffeln, Stock oder Rösti. Aber so etwas wie diesen Kartoffelflan hatte ich echt noch nie! Mit seiner luftigen Leichtigkeit und buttrigem Charme rundet dieses Gericht die Schlemmerei im Dreierlei perfekt ab.
Zum Dessert trinken wir unsere Biere leer und freuen uns für einmal zwar satt, aber nicht komplett überfressen zu sein. Eins ist uns klar: Wir kommen wieder!