Heute mal wieder libanesisch? Oder japanisch? Oder doch lieber italienisch? Am liebsten gleich alles. Das Spritzwerk bei der Amboss Rampe macht’s möglich. Wo früher Autos lackiert wurden, wird heute hemmungslos geschlemmt. Und nachdem das Spritzwerk die Türen seines erfolgreichen Pop-up Restaurants über den Sommer leider geschlossen hielt, feierte es Mitte September seine Wiedereröffnung – diesmal zum Glück auf unbestimmte Zeit.
Drei selbstständige Köche bieten hier jeden Tag ihre Streetfood-Spezialitäten an – sogar sonntags. Miteinander kreieren sie dann jeweils das wohl kreativste Brunchbuffet Zürichs mit dem Motto „Iss bis du zur Tür raus rugelisch“. Wir wollen das wiedereröffnete Spritzwerk im Kreis 5 für Dich testen.
Ambiente – innovativ und gemütlich
Es ist nicht nur das gute Essen, sondern auch das Ambiente, das einen grossen Teil dazu beiträgt, ob man sich in einem Lokal wohlfühlt. Und dessen ist sich das Spritzwerk-Team bewusst. Das Lokal ist wunderschön eingerichtet: Holztische und –stühle vom Brocki, dekorative Lichterketten und gemütliche Sofas. Verschiedene Pflanzen sorgen für ein erfrischendes Dschungel-Feeling.
Geschäftsführerin Anigna erzählt uns, dass das Team das Lokal eigenhändig umgebaut und eingerichtet hat; selbst die Menükarte wurde vom Team gestaltet. Man spürt, wie viel Herzblut in diesem Restaurant steckt. Auch zu den Köchen wird ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt. Dass sich diese Leidenschaft im Essen wiederspiegelt, erleben wir gleich am eigenen Gaumen – vom Zmorge bis zum Znacht.
Brunch – alles andere als 08/15
Jeden Sonntag von 9:30 bis 16:30 Uhr gibt es im Spritzwerk ein Brunch-Buffet der Extraklasse mit musikalischer Begleitung. Für 35 Franken isst du so viel du willst; für 21 Franken füllst du deinen Teller einmal. Obwohl die Getränke nicht inbegriffen sind, finde ich den Preis total angemessen für den wahrscheinlich besten Brunch meines Lebens. Gleich vorweg: Gipfeli, Zopf, Butter und Konfi suchst Du hier vergebens. Stattdessen erwarten Dich japanische, italienische und libanesische Spezialitäten, die nur schon mit ihrem Äusseren punkten. Aber wir wissen ja alle, wie wichtig die inneren Werte sind – und diese können sich schmecken lassen. Froh darüber, die „All you can eat“-Variante gewählt zu haben, probieren wir uns durch die ganze Palette.
Wir starten bei den japanisch-peruanischen Speisen. Die frisch zubereiteten Sushi und die Momos mit Poulet-Füllung, die vor unseren Augen im Bambusdämpfer garen, sind fantastisch. Aus der libanesischen Ecke überzeugen drei verschiedene orientalische Salate sowie feines Hummus und hausgemachte Baklava. Auch die italienischen Kandidaten – die Bruschette, die überbackenen Fleischbällchen sowie Aufschnitt und Käse – lassen wir uns nicht entgehen. Und meine zwei Favoriten auf dem Schlemmer-Buffet sollte wirklich jeder probieren: Da ist zum einen dieses frisch gebackene luftige Brot, gefüllt mit Mozzarella, Pilzen und Peperoni. Und wenn man denkt, es geht nicht mehr besser, nimmt man einen Löffel von diesem dunkel-violetten Mousse, das es tatsächlich schafft, mich sprachlos zu machen. Erraten? Genau, es ist die Açaí-Bowl des Hauses.
Zmittag und Znacht – Zum Teilen
Und weil nicht jeder Tag ein Sonntag sein kann, wollen wir das Spritzwerk natürlich auch noch unter der Woche testen. Das Menü ist überschaubar: Jeder Koch bietet sechs oder sieben Speisen an und dazu jeden Abend eine neu kreierte Vorspeise. Weil aber selbst das für nicht-entscheidungsfreudige Allesesser wie mich ein zu grosses Angebot ist, freut es umso mehr, dass die Speisen zum Teilen geeignet sind. So kann jeder von den Mezze probieren, ein Stück von der Pizza geniessen und die verschiedenen Sushi verkosten.
Alles ist so lecker, dass die Teller – auch wenn die Portionen grosszügig sind – schnell leer sein können. Aber fangen wir doch an, wenn sie noch voll sind:
1. LAYLA – Mezze vom feinsten
Von Hummus über Falafel bis Kibbé sind alle Mezze-Klassiker auf der Karte von Maher Hoteit vertreten. Dazu bietet er zwei verschiedene libanesische Sandwiches an. Dass Maher ein Profi auf seinem Gebiet ist, muss man uns nicht zweimal sagen. Seine Häppchen sind ein Traum. Das Baba Ganoush ist eines der besten, das ich je gegessen habe – vor allem die besonders zarte Konsistenz überzeugt. Die zarten Spiessli sind perfekt „medium rare“ gebraten und haben eine würzige orientalische Note. Der Star auf dem libanesischen Teller ist für mich aber ein mir bisher unbekannter Kandidat: Fladenbrot mit Muhammara. Auch noch nie gehört? Unbedingt probieren. Dieser orientalische Dip mit Peperoni, Baumnüssen und Harissa ist bombastisch.
2. IL VIZIATO – Napoli in Zürich
Anders. Besser. Das sind die Pizzas vom Neapolitaner Roberto Martino. Aber was macht sie so speziell? Es ist zum einen der Teig, der bis zum Rand perfekt ist – relativ dünn, aber herrlich knusprig und luftig zugleich. Es ist aber vor allem der Käse, der Robertos Pizza zum speziellen Geschmackserlebnis macht: verwendet wird nämlich nicht Kuhmilch-Mozzarella, sondern «Fior di Latte Bufala» – denn nur damit lasse sich eine richtige neapolitanische Pizza zubereiten. Überdies mag ich auch sein Weniger-ist-mehr-Prinzip: So kommt jede einzelne Komponente besonders gut zu tragen.
3. RAW by Michael Adams – Mehr als Sushi
Was uns Michael Adams auftischt, ist essbare Kunst auf Japanisch-Peruanisch. Die Kreationen sehen so schön aus, dass es fast zu schade ist, sie zu essen. Sie nicht zu essen wäre jedoch noch viel schlimmer, denn sie schmecken ausgezeichnet und überraschen oft mit aussergewöhnlichen Zutaten und Kombinationen. Da ist zum Beispiel der knusprig gebratene Oktopus an einer Anticucho Sauce, die in der peruanischen Küche traditionellerweise als Fleischmarinade verwendet wird. Oder die Nikkei Sashimi: dünn geschnittener Yellowtail an einer Yuzu-Trüffel Sauce – diese zitronenähnliche Zitrusfrucht harmoniert wunderbar mit dem Trüffelaroma. Man könnte meinen, dass neben all diesen Spezialitäten die klassischen Sushi Nigiri und Maki untergehen. Doch die Rolls können voll und ganz mithalten – etwas anderes haben wir von dem Sternekoch, ehemaliger Küchenchef des HATO, auch nicht erwartet.
Und jetzt Ohren spitzen, liebe Ramen-Liebhaber: Ab November serviert Michael zusätzlich seine eigene Version der Nudelsuppe, die Dich an den kälteren Tagen bestimmt aufwärmen wird.
Fazit
So viel Auswahl in einem einzigen Restaurant gibt es nur selten. Wer gerne verschiedene Speisen probiert und das Streetfood-Ambiente mag, ist hier genau richtig. Im Gegensatz zu einem Streetfood-Festival kann man hier aber bequem sitzen und geniesst eine charmante Bedienung und feine Getränke dazu.
Das Essen im Spritzwerk schmeckt wirklich ausgezeichnet – so, dass wir definitiv noch einige Male kommen werden; auf der Karte warten schliesslich noch viele gluschtige Gerichte…