An heissen Sommertagen kann einem das Stadtgetue zum Überdruss werden. Das erste Antidot, welches einem in solchen Momenten von Dr. Mitmensch verschrieben wird, ist vermutlich die Badi. Sicher eine gute Möglichkeit sich zumindest mental vom Stadttrubel zu distanzieren. Wer jedoch wirklich die Flucht ergreifen möchte und dabei nicht nur mentale, sondern auch physische Grenzen tilgen will, sollte sich in die wohltuende Peripherie unserer geliebten Stadt wagen. Der Lunchgate-Arzt verschreibt dabei gegen Magenknurren regelmässige Verpflegung in einem gut erschlossenen Landgasthof.
Ich habe mich auf mein Motorrad geschwungen und bin losgefahren. Unverblendet von digitalen Suchmaschinen liess ich mich angetrieben vom Bleifrei 95-Sauerstoffgemisch über die stadtnahen Landstrassen Richtung Albis tragen und riss dort eine Notbremse, wo es mir behagte.
Wer kein Motorrad besitzt muss aber natürlich nicht gleich verzagen, sondern kann entweder mit dem Auto oder dem Bus problemlos alle genannten Orte aufsuchen. Wanderer und Velofahrer dürfen sich dabei auch angesprochen fühlen.
Leuen – Uitikon Waldegg
Der erste Halt auf meiner Erkundungstour war bereits kurz nach der Stadtgrenze in Uitikon Waldegg. Ein freundlicher Löwe lächelte mich an und wollte unbedingt fotografiert werden. Selbstverständlich befand ich mich weder unter Alkoholeinfluss, noch kreuzte ich einen neu errichteten Zoo. Die Wildkatze war aus Stein und thronte vor dem Landgasthof Leuen.
Im lauschigen grünen Garten kann man sich mit klassischen Schweizer Gerichten und Hausspezialitäten wie Cordon Bleu oder Kalbsleberli verpflegen. Ein grosses à la carte Menu, täglich wechselnde Mittagsmenüs sowie eine grosse Auswahl an Weinen und anderen Alkoholika bieten die nötige Abwechslung. Wer sich nach einem oder mehreren Gläschen nicht mehr hinters Steuer oder den Lenker wagt, kann auch dort übernachten.
Pöstli – Aeugst am Albis
Weiter auf der Landstrasse durch Stallikon komme ich zu meinem zweiten Halt. Sporadisch beschildert mit einer Tafel auf der Reppichtaltalstrasse in Aeugst am Albis versteckt sich das Pöstli. Ein charmantes kleines Gasthaus mit tiefer Decke und gemütlichem Aussensitzplatz lädt zum Verweilen ein. Urchige Gerichte wie „Servelatsalat“ und „Schweinskotelette mit Rösti“ erinnern an Grossmutters Küche. In der Tat haben sich die Spezialitäten auf dem Menü seit Eröffnung des Gasthauses vor geraumer Zeit kaum geändert. Und das ist auch völlig in Ordnung.
Bei der Wahl der verwendeten Produkte ist das Kredo des Pöstlis einfach und vorbildlich: Regional und lokal. Biohöfe, Werk- und Wohnheime und Bäckereien aus der Umgebung versorgen die Gaststätte mit Lebensmitteln.
Ob bei Kaffee und Kuchen oder einem deftigen Abendessen, im Pöstli findet man unter der Woche ab 16 Uhr (Achtung, Mittwoch und Donnerstag sind Ruhetage!) und am Wochenende schon ab 10 Uhr eine gemütliche Ruheoase.
Ein weiterer Löwe empfing mich als ich durch Hausen am Albis tuckerte. Grosse Lettern mit dem Namen „Löwen“ zieren das alte Giebelhaus. Über dem Eingang steht einladend: „Kehr ein: geh aus, bleib Freund dem Haus“. Seit 185 Jahren versorgt der Löwen nun unter diesem Motto ununterbrochen seine Gäste mit Speis und Trank. Obschon der alteingesessene Traditionsbetrieb nun seit fast zwei Jahrhunderten existiert und hohen Wert auf Tradition legt, wird der Fortschritt nicht ausser Sicht gelassen.
Nachhaltige und ökologische Optimierung liegen den Besitzern sehr am Herzen. Co2 neutraler Öko-Strom vom Elektrizitätswerk Zürich und Warmwasseraufbereitung sowie Heizenergie durch Schnitzelheizung-Fernwärme ermöglichen dem Gasthaus einen nachhaltigeren Fussabdruck als so manch anderem. Dieses Gedankengut spiegelt sich auch an den drei Elektro-Autoladestationen vor dem Haus. Wer also seinen Tesla ausführen will, ist hier am richtigen Ort.
Die Speisekarte beherbergt traditionelle Spezialitäten-Gerichte wie Züri-Gschnetzlets, Chalbs-Nierli und Entrecôte. Cordon Bleu und Bratwurst mit Pommes Frites lassen sich auch ausfindig machen. Der Aussensitzplatz hinter dem Haus lädt zum gemütlichen Beisammensein an warmen Sommertagen und während der WM fanden regelmässige Public Viewings statt.
Albishaus - Albispass
Auf dem Albis fast auf Passhöhe versteckt sich das Albishaus hinter einer unscheinbar beschilderten Einfahrt. So dachte ich zumindest beim Einbiegen nach der Betafelung. Kurz ratlos ob ich vielleicht doch falsch abgebogen sei, fuhr ich weiter dem Feldweg nach und sah nach einem weiteren Hügel endlich das Gasthaus vor mir. Eine ausgiebige Terrasse mit fantastischer Aussicht zwingt einem fast sich hinzusetzen und die grandiose Aussicht förmlich mit den Augen aufzusaugen. Strassenlärm sucht man hier vergebens. Es war mir schon fast unangenehm mit meinem Motorrad diese Idylle zu „stören“.
In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde das Albishaus vom „Touristenverein Naturfreunde Zürich“ erbaut. Das Küchenteam kocht frisch, saisonal und wann immer möglich regional und mit viel Leidenschaft. Entgegen der urchigen Schweizer-Landküche-Erwartung von typischen Landgasthöfen, findet man hier auf der Speisekarte „exotischere“ Speisen wie Quinoa-Timbale, Quiche oder vegane Bohnentätschli. Und eine leichte Brise Americana weht einem mit Baked Potatoes und Cole Slaw entgegen.
Selbstverständlich habe ich noch lange nicht jeden erwähnenswerten Landgasthof ausserhalb der Stadtgrenzen beschrieben. Teile uns doch in den Kommentar mit, wo Du ausserhalb der Stadtgrenzen am liebsten für Speis und Trank verweilst.