Zürich ist im Mexiko-Fieber: Mit dem TLAKO hat nun innerhalb kürzester Zeit ein weiterer Mexikaner in der Limmatstadt seine Tore geöffnet. Nun sind wir im Toni-Areal gelandet, Zürichs Betonwüste schlechthin. Doch inmitten dieses unendlich scheinenden Grautons, zwischen Vorlesungssälen und Konferenzräumen, versprüht das TLAKO eine authentische Stimmung mit viel Farbe, Frische und kulinarischer Expertise.
Das Lokal – Ein Mix von kulturellen Einflüssen
TLAKO (Achtung: [laggo] ausgesprochen und nicht etwa [tlakko]) kommt aus dem Aztekischen und hat mehrere Bedeutungen: Erstens steht es schlicht für mexikanisches Essen, dann ist es auch das Ur-Wort des Tacos und ausserdem bezeichnet es die Rollbewegung der Hand, wenn man einen Taco formt. Soweit so gut.
Zum Innenleben des Lokals: Spätestens hier brechen alle Klischees, die bisher um jeden Mexikaner geisterten. Hier brennen keine Chilischoten und es gibt weder Fiesta noch Sombreros. Dafür viel Inspiration von Luis Barragán (ein mexikanischer Architekt), dänisches Design und ganz viel Eigenwille: „Mit TLAKO wollen wir für jeden Gast ein zweites Zuhause kreieren, ein Ort, wo sich alle wohlfühlen“, erklärt Küchenchef Urs Koller. Die minimalistischen Stühle, chromstahl Fassaden und progressive Leuchten bewirken zunächst das Gegenteil. Doch der erste Eindruck trügt: Bunte Wände, lange Fensterfronten und Naturholztische machen das vermeintliche Gemütlichkeitsdefizit wieder wett.
Das Konzept – Aus Drei macht Eins
TLAKO ist Vieles; Eines aber nicht: Eine stinknormale Beiz ohne Vision und Konzept. Nein, hier sind Restaurant, Verkaufsladen und soziales Engagement vereint. So reihen sich auf etlichen Holzregalen Gourmet-Goodies, Maismehl, Rapsöl oder getrocknete Tomaten zum Beispiel, auserlesene mexikanische Weine und TLAKO-Kaffeetassen. Durch den Verkauf dieser Produkte und dem Kaffeeimport aus Tàlquian, einem Dörfchen in Mexiko, engagiert sich TLAKO für soziale Projekte. Mit diesen Projekten kurbelt das Team nicht nur die mexikanische Wirtschaft an, es setzt auch ein Zeichen gegen Armut.
Das Menü - mexikanisch in ``eingeschweizerter`` Version
Beim Blick auf die Karte fällt allen Verfechtern von TexMex-Food zunächst eines auf: Warum um Himmels willen gibt es weder Fajitas noch Burritos? Antwort: Das ist Teil des Konzepts: „Wir bieten mexikanische Gerichte aus allen Regionen des Landes an – aber wirklich nur echt mexikanische!“ Deswegen arbeitet das Team mit vier Partnern in Mexiko zusammen, darunter auch eine Rezeptautorin, die in ihrer Heimat ständig auf der Pirsch nach ausgefallenen Zutaten und Geschmackskombinationen sind. Diese werden dann direkt ins Toni-Areal geschickt, von Koller „eingeschweizert“. Und deshalb landen hier neben Drachenfrüchten auch frische Himbeeren im Salat, die Maissuppe wird mit Basilikum verfeinert und die Füllung der Quesadillas bestehen etwa aus Zucchiniblüten. Diese Idee der Schweiz-Mexikanischen Fusionsküche zieht sich durch das gesamte Menü, das klein und übersichtlich, aber auch rätselhaft ist: „Wir wollen mit unseren Gästen ins Gespräch kommen“, so Koller, „wir haben zu jedem Gericht eine Geschichte zu erzählen.“
Das Menü setzt sich zusammen aus Tacos, Quesadillas und Tortas mit Fleisch-, Fisch oder vegetarischer Füllungen, die es ab CHF 14.- gibt. Ausserdem werden auch traditionelle Hauptgerichte serviert, Fideo Seco mit Chorizo für CHF 21.50 zum Beispiel. Wer es unkonventionell mag, wagt sich am besten an eine der Neuinterpretationen, etwa ans Bananenrisotto oder die Schweinerippen in Guave. Nicht zu vergessen sind die fünf Wochengerichte am Mittag, die für CHF 21.- mit Suppe oder Salat und – ein Geheimtipp – Aqua del Dia, ein leckerer Hibiskus-Aufguss, serviert werden. Apropos Getränk: Die entsprechende Karte entpuppt sich als wahre Wundertüte für alle Limo-Liebhaber und Cocktail-Trinker.
Der Geschmack - Einzigartig!
Hier wird alles frisch zubereitet; mit viel Liebe zum Detail – die offene Küche und Bar sind der nackte Beweis dafür. Angefangen beim Spargel-Salat: Dieser ist extrem raffiniert. Ummantelt von einem säuerlichen Dressing, verfeinert mit Beeren ist er ein leichter Sommerlunch (CHF 12.50). Auch die Süssmaissuppe (CHF 7.-) ist definitiv ein Versuch wert, zumal die Kombination aus Mais-Süsse, angenehmer Chili-Schärfe und herzhafter Sämigkeit mich sogar, bei 30 Grad Sommerhitze mit Vergnügen Suppe schlürfen liess. Doch das Highlight steht erst noch bevor: Die Quesadillas Flor de Calabaza (3 Stück für CHF 14.-) – eine mit Käse und Zucchiniblüten gefüllte Maistortilla, verfeinert mit Koriander und Tomatenwürfel. Und dazu gibt es reichlich Guacamole, Sauerrahm, frische Limetten und Zwiebeln. Dafür erinnern mich die Fideo Seco an einer Chilisauce mit Sauerrahm eher an pikante Spaghetti vom Italiener. Sie wirken im Vergleich zum Vorherigen fast schon, naja, langweilig. Das Dessert allerdings hat wieder Potenzial für kulinarische Höhenflüge. Die Auswahl ist klein, aber sehr durchdacht und auserlesen. Mein Favorit: Der Pay de Elote, ein Maiskuchen, für CHF 9.-. Er sei, so lasse ich mich vom Schweiz-Mexikanischen Geschäftsführer Christian belehren, typisch mexikanisch und werde dort in wohl jeder Ecke gebacken. Bereits nach dem ersten Bissen weiss ich auch warum: Lieber Pay de Elote, ich hab dich, deine Feuchtigkeit und dein Geschmack in mein kulinarisches Herz geschlossen.
Der INSIDER empfiehlt
Das TLAKO ist ein unkonventioneller Mexikaner mit einem eigenständigen Konzept. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt hier zu hundert Prozent und die Tatsache, dass man hier mit seinem Besuch am anderen Ende der Welt gleichzeitig viel Gutes tut ist ein Grund mehr, hier einmal vorbeizuschauen. „Everyday Mexican Food“ ist TLAKOS Vision. Und ich sage: Ja, klar!
Ich will ja kein Snob sein, aber: Spargelsalat im Spätsommer?!
Liebe Sibylle,
Danke für deinen Kommentar!
Ach was! Das ist doch alles andere als snobbish – Wir mögen kritische Leser! 🙂
Wie du richtig bemerkt hast: Der Spargel hat in der Schweiz von April bis Juni Saison, passt also Anfang August eigentlich nicht mehr wirklich auf den Teller.
Urs Koller hat mir erklärt, dass sich das TLAKO natürlich immer bemüht, die Gerichte saisonal anzupassen. Der Spargelsalat stammt aus dem Menu, das bereits im Frühling konzipiert wurde; im Herbst wird dann die Karte revidiert und der Saison entsprechend angepasst. Die Spargeln werden, genauso wie etwa die Avocados, aus Peru importiert. Peru gehört zum Hauptanbaugebiet von Spargel, die jetzt in den Küstenregionen bis im September Hochsaison hat.
Tja, natürlich ist das nicht die umweltfreundlichste Variante. Aber eben, inzwischen sollte uns klar sein, dass Konsum – insbesondere wenn es um Nahrungsmittel geht – in unserer globalisierten Welt fast nicht mehr nachhaltig sein kann, leider.