Angefangen hat meine Liebe zum Ristorante SANTO mit Pelati aus der Büchse. Klingt komisch, ist es auch: An einem lauen Sommerabend in Wiedikon setzte sich Wirt Andrea Giancane zu uns an den Tisch und präsentierte stolz eine Büchse Pelati. „Die beste Pelati, die du in deinem Leben je probieren wirst“, meinte er, während er vorfreudig den Alu-Deckel wegschnitt. Mit der Gabel stocherte er kurz in der geöffneten Büchse rum und klatschte mir eine der Büchsen-Pelati auf den Teller. Innerlich gluschtete es mich nicht im Geringsten, dieses intensiv rote, leicht schlabberig ausschauende Tomaten-Etwas zu essen, doch Andreas Worte hatten mich neugierig gemacht. Und er sollte recht behalten: Die Geschmacksexplosion, die diese Büchsentomate in meinem Mund entfachte, sucht bis heute seinesgleichen. Die Spaghetti Napoli, die er aus diesen Tomaten zauberte, ebenfalls.
Foodscout und Wirt
Andrea Giancane reist regelmässig nach Italien, immer auf der Suche nach den ausgewähltesten und feinsten Produkten für sein SANTO an der Sihlfeldstrasse in Wiedikon. So waren auch besagte Pelati eine Trouvaille einer seiner Italienreisen. Doch auch Lokalität kommt im SANTO nicht zu kurz: Das Fleisch kommt aus der Surselva, von kleinen Bauernhöfen, der Trüffel wird vom Trüffelspürhund Piri auf dem Üetliberg erschnüffelt. Authentizität zieht sich durchs SANTO wie ein roter Faden.
Amuse Bouche
Gestartet wird mit einem leichten Melonensüppchen, das als Gruss aus der Küche kommt. Für mich und meine Begleitung schmeckt es ein bisschen zu sehr nach einer pürierten Melone (was es am Ende logischerweise auch ist, aber eine spannende Geschmackskombination hätte es dennoch vermocht). Nichtsdestotrotz: Die Melone schmeckt sehr intensiv und reif, farblich könnte das Süppchen auch nicht schöner daherkommen.
Pulpo in Perfektion
Zur Vorspeise bestellt meine Begleitung einen Salat, der – obwohl nicht auf der Karte – mit grosser Selbstverständlichkeit vom sehr aufmerksamen und freundlichen Kellner serviert wird. Ich bestelle einen insalata di polpo, Tintenfischsalat. Ein Gericht, das, wie ich finde, viel über die Qualität eines Restaurants aussagen kann. Und ja, was soll ich sagen? Ihr habt mich nicht enttäuscht, liebes SANTO-Team. Der Tintenfisch war zart, im Geschmack intensiv aber nicht zu fischig. Die Kombination mit Fenchel und Rucola war raffiniert und hat den Pulpo keinesfalls geschmacklich übertönt.
Im Pasta- und Gnocchi-Himmel
Zur Hauptspeise gibt es dreierlei Spezialitäten aus dem Hause SANTO. Zwei Mal Pasta – Vongole und Bolognese -, einmal Gnocchi mit Steinpilzen. Bolognese kann man in wahrscheinlich fast jedem Italiener dieser Stadt essen; und genau das macht sie zu einem Indikator eines jeden italienischen Restaurants. Auch diesen Test besteht das SANTO mit Bravur. Das Fleisch ist zart und zerfällt auf der Zunge, die Sauce schmeckt, als hätte sie stundenlang vor sich hingeköchelt. Wie an einem Sonntag bei Mamma (so kitschig stell ich mir das zumindest vor). Dass die Linguine perfekt al dente sind, scheint an dieser Stelle irgendwie schon wie eine Selbstverständlichkeit.
Miesmuscheln gehören zu meinen Lieblingsspeisen seit ich als kleines Mädchen mit meiner Familie zum ersten Mal nach Italien in die Ferien gefahren bin. Und die Liebe für Vongole zieht mich auch immer wieder nach Italien zurück – für mich schmecken keine Spaghetti alle Vongole so gut wie die, die man an einer italienischen Riviera essen kann. Deshalb bestelle ich sie auch ziemlich selten in der Schweiz. Im SANTO machte ich eine Ausnahme und bereute es keine Sekunde. Würzig, doch nicht überwürzt – die perfekte Balance. Das einzige was rausstach, war der sehr gut mit den Muscheln harmonisierende Peterli und ein bisschen Knoblauch. Mehr braucht es wahrlich nicht. Und ich fühlte mich plötzlich ganz weit weg vom Idaplatz und ganz, ganz nah am Mittelmeer.
Le Gnocchi! Nachdem die Bolognese und die Vongole lauter „Ahhhh“s und „Ohhhh“s auslösten, blieben diese Reaktionen bei den Steinpilz-Gnocchi aus. Sie waren fein, sehr rund im Geschmack, vollmundig und an Pilzen wurde alles andere als gespart (das ist als etwas durchaus sehr Positives zu werten, gerade im Vergleich zu anderen Zürcher Restaurants). Doch es fehlte der Akzent, die Ecke, die Kante, der Pfupf. Thymian? Zitronenzeste? Irgendwas Akzentuierendes.
Sympathischer Service, grossartige Qualität und hoher Wohlfühlfaktor
Was kann man noch sagen? Die Qualität im SANTO ist top, der Service aufmerksam und auf italienisch-charmante Art sehr sympathisch. Im Sommer haben sie einen sehr herzigen Aussenbereich, der von einer grünen Hecke zur Strasse gesäumt und somit vom Lärm geschützt ist. Nach einem Espresso und einem Grappa waren wir satt, glücklich und vor allem sicher, dass wir das SANTO mit sehr gutem Gewissen weiterempfehlen möchten.