Wie ich weiss, dass ich gerade ein neues Lieblingsrestaurant gefunden habe? Wenn ich mir noch vor dem letzten Bissen überlege, wann ich das nächste Mal hier essen kommen kann! Neben meinen Lieblingsorten in und um Zürich ist mir das kürzlich so in den Bündner Bergen passiert. Und zwar bei einem alten Bekannten: Im neueröffneten Riders Restaurant Laax kocht nämlich niemand Geringeres als der passionierte und talentierte Jungkoch Pascal Bertschinger, der uns bereits im Sommer mit seinen Kochkünsten in seinem Pop-up brutal beeindruckt hat.
Grün, sexy, cool
Das Riders feierte bereits letzte Wintersaison 2017/18 seine Wiederöffnung mit Rundumerneuerung und Konzeptwechsel. Was früher Riders Palace hiess und vor allem als Partyhölle berüchtigt war, kommt jetzt viel stilvoller, durchdachter und dadurch noch cooler daher: Das neue Riders hat sich mit seinem Design und Angebot vollständig der Nachhaltigkeit verschrieben und folgt damit einem grünen Lifestyle in den weiss verschneiten Bündner Bergen. Das ist Geschäftsführer Roger Heid und seinem Kreativteam (zwei Innenarchitekten und ein Grafikdesigner) zu verdanken, die zusammen einen einzigartigen Wohlfühlort geschaffen haben und nebenbei miteinander auf ihren Brettern die Pisten unsicher machen.
Vegetarische Höhenflüge in den Bergen
Was letztes Jahr noch Testlauf war, soll jetzt unter der Führung von Pascal Bertschinger als Aushängeschild des Riders gelten: Eine rein vegetarische Küche, die besonderen Wert auf lokale und saisonale Produkte, auf herzhafte Gerichte mit Gourmet-Touch sowie den dazu passenden, oft biodynamischen oder sogar Naturwein setzt. Jeweils von Mittwoch bis Sonntag kannst Du hier abends den beiden Jungköchen in der offenen Küche beim Zubereiten der kulinarischen Höhenflüge zuschauen.
Pascal hat im Riders Restaurant einen gleichsam motivierten und handfertigen Sous-Chef, Linus aus dem Berner Oberland, an seiner Seite. Bei unserem Besuch überzeugen die beiden bereits als eingespieltes Team, das sich ohne viele Worte versteht und Teller für Teller wunderbares Essen in Form kleiner Kunstwerke zu den Gästen schickt.
Aller Anfang ist nicht schwer
Anfangen tut der genussvolle Abend mit einem guten Glas Weisswein. Der Winterthurer Cuvée Väterchen Frost ist mir sofort ins Auge gesprungen, als ich einen Blick in die ansprechende Getränkekarte werfe, und so entscheide ich mich zum Start für einen mir bekannten und lieben Tropfen.
Allgemein finden sich auf der Karte viele tolle Weine, die ich hier oben nicht erwartet hätte. Wie mir Pascal verrät, hat er aufgrund guter Erfahrungen die Zürcher Smith & Smith ins Boot geholt und mit ihnen eine spannende Weinauswahl zusammengestellt.
#Kartoffelliebe
Um besonders viel von der aktuellen Karte probieren zu können, schlägt mir der gut gelaunte Chefkoch ein massgeschneidertes 7-Gang-Menü mit kleinen Portionen vor. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen und freue mich auf den Salat mit Kartoffeldressing, den ich sogleich serviert bekomme. Die einzelnen knackig-frischen Salatblättern harmonieren wunderbar mit ihrem Topping aus gebeiztem und geräuchertem Eigelb und dem fein-kartoffeligen Dressing!
Apropos Kartoffel: Wer meine Beiträge aufmerksam verfolgt, weiss ja mittlerweile von meiner grossen Liebe zur Bergkartoffel aus dem Albulatal. Dann kannst Du dir auch vorstellen, was für grosse Augen ich gemacht habe, als mir Pascal erzählt, dass er den «Berghärdöpfel-Freddy» höchstpersönlich als Lieferanten der wunderbaren (und ach so farbenfrohen) Knollen gewinnen konnte! Ein Grund mehr, diesen Winter meine Wochenendplanung mit der Verfügbarkeit des Riders Hotel abzustimmen.
Hier sind junge Talente am Werk
Aber genug der Kartoffel-Schwärmerei, Du willst ja wahrscheinlich wissen, wie die weiteren sechs Gänge geschmeckt haben und präsentiert wurden. Sagen wir es mal so: Pascal und Linus haben meine Erwartungen mit ihrem sympathischen Auftritt, der grosszügigen offenen Küche sowie dem beeindruckenden Mise-en-place von allerlei hausgemachten Zutaten schon im Vorfeld ziemlich hoch geschraubt. Diesen Erwartungen werden sie mehr als nur gerecht.
Salatvarianten, die entzücken
Auf den ersten Salat folgt ein zweiter – dieses Mal gibt’s gedämpfte Randen an einer delikaten Sherryessig-Olivenöl-Vinaigrette, gemischt mit zartem Portulak, Ziegenfrischkäse-Tupfer und einem Crunch aus Baumnüssen. Davon könnten wir locker noch eine Portion vertilgen, ist die Randen-Ziegenkäse-Kombi doch einer unserer ewigen Favoriten. An unserem Tisch entfacht eine wohlwollende Diskussion über den «Crunch», der fast in jedem der Riders Gerichte auftaucht. Die verschiedenen Texturen und komplementierenden Geschmäcker sind es denn auch, welche Pascals Kochkünste aufs Gourmetniveau heben. Und doch schafft er es gleichzeitig, den uns bekannten Geschmäckern und heimischen regionalen Produkten wie Reis und Risotto aus dem Maggia-Delta oder dem wiederentdeckten Topinambur aus Nachbars Garten treu zu bleiben.
Mit dem eben erwähnten Wintergemüse geht es weiter: Erstens in der Form einer puristischen Suppe, worin die ganze Knolle, gekocht und ausgequetscht, mit all ihren gesunden Nährstoffen, steckt. Dazu reicht uns Linus ein Schälchen voll frisch frittierten Topinambur-Chips. Die sind ein ganz klarer Publikumsliebling. Kein Wunder habe ich an der Bar im Empfangsbereich weder Zweifel Chips noch andere vergleichbare Convenience-Produkte gesehen. Das Riders setzt auf Hausgemachtes, so beispielsweise eben auch bei den Snacks oder dem Breakfast.
Liebe zum Detail und ehrlichen Produkten
Vor dem Pasta-Zwischengang wechseln wir zum Rotwein. Roger, der Geschäftsführer, schwärmt vom biodynamischen Naturwein aus dem Priorat, dem Terroir sense Fronteres, den wir sogleich goutieren. Schon die intensiven Cassis- und Brombeeren-Note in der Nase lösen grosse Begeisterung aus, und zum Trinken macht der süffige Negre de Montsant ebenso viel Spass. Dazu passen die von mir mit Spannung erwarteten hübsch drapierten Tagliatelle mit Federkohlpesto und Federkohlchips ganz vorzüglich. Leider ist die Pasta (noch) nicht hausgemacht, da den Köchen noch die passende Pastamaschine fehlt. Sehr schade, doch das sei der sonst so engagierten Küche angesichts der Anfangs- und Einfindungsphase erstmal verziehen. Trotzdem: Die Teigwaren aus dem Tessin sind perfekt al dente gekocht und bringen so den eigentlichen Star dieses Tellers, den Kale, bestens zur Geltung.
Wohlfühlgerichte zum Hauptgang
Dann kommt mein Highlight des Abends: Pascal serviert mir eine sehr grosszügige (yes!!) Portion Bergkartoffel-Gnocchi aus Blauen St. Galler, mit dem bereits bekannten Eigelbstaub und einem kräftigen Peterlipüree dazu. As simple as that. Ich zähle nämlich lediglich fünf Zutaten, die für diesen Hauptgang verarbeitet wurden: Kartoffeln, Mehl, Eigelb, Peterli und Öl. Und trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, katapultiert er mich geradewegs in meinen persönlichen Food-Himmel. Die Gnocchi zergehen förmlich auf der Zunge, hie und da tunke ich eins in die cremige Peterlisauce und freue mich ab dem natürlichen Geschmacksverstärker in Form des gebeizten Eigelbs. Dazwischen ein Schluck des intensiven Rotweins – hach, wenn diese Lovestory doch nie zu Ende ginge!
Eigentlich bin ich jetzt ja pappsatt und zufrieden, aber einen warmen winterlichen Gang kriegen wir noch: Der Safranrisotto ist perfekt abgeschmeckt und zu meinem Entzücken ist der cremige Risotto mit vielerlei Waldpilzen in allen Grössen und Formen sowie knusprigen Marronischeibchen belegt. Welch herzhafte Geschmacksexplosion in jedem Bissen! Und doch muss ich mich zum Schluss geschlagen geben, und wohl oder übel einen kleinen Anstandsresten übrig lassen.
Eine Kritik auf hohem Niveau
Denn es gibt ja noch Dessert: Ich darf das Birnentiramisu probieren, das luftig-leicht schmeckt und mit den kleingewürfelten Birnen mit Zimtnote an Weihnachten erinnert. Dazu öffnet Pascal einen biodynamischen Cidre aus Quitte, Birne und Apfel. Der Cidre ist ein Geheimtipp von Pascal und eine gelungene Überraschung zum Schluss: Nicht so süss, dafür schmeckt er vollmundig und intensiv nach den drei Kernobstsorten. Wer braucht da noch Dessertwein?
Doch etwas habe ich tatsächlich vermisst auf der Karte. Nämlich Schokolade. Roger muss bei dieser Bemerkung lachen und meint, er habe das schon halb erwartet. Und so philosophieren wir also noch etwas über das Sein oder Nichtsein des Schokoladendesserts und ich habe da so ein Gefühl, dass die kreativen Köche vielleicht schon bei meinem nächsten Besuch etwas Schokoladiges ausgetüftelt haben könnten.
An dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Roger und Pascal, sowie das ganze Riders Team, für die grosszügige Einladung zu euch nach Laax und den einmaligen Aufenthalt in dieser Wohlfühloase! Unabhängig davon, beschreibe ich hier wie immer meine eigenen Eindrücke vor Ort sowie meine persönliche Meinung.
Ein Genie der ganz speziellen Sorte!
Dem channi nur zuestimme, Silvan 😉