Ausgerechnet Wolhusen, eine 4000-Seelen-Gemeinde im Luzerner Hinterland mit einer Dorfbäckerei, vielen Landwirten und ein paar wenigen Restaurants, verblüfft mit seiner Exotik. Denn hoch oben auf dem Hügel, etwa fünf Autofahrminuten vom Dorfkern entfernt, steht das Tropenhaus (mit eigenem Instagram-Account!). Hier wachsen durch die Abwärme einer Verdichtungsstation in der Nähe schon seit über dreissig Jahren tropische Nutzpflanzen wie Mango, Papaya, Chili, Bananen und Zitronengras. Seit wenigen Monaten gedeihen nun unter den markanten Glaswellen nicht nur exotische Früchte und Gewürze, sondern auch Reis – auf den ersten Reis-Terrassen der Schweiz.
Wie der Reis nach Wolhusen kam
Risotto-Reis, Natur-Reis, Basmati-Reis und Sushi-Reis mögen uns allen wohl ein Begriff sein, sprechen wir aber von Sadri Dudi-Reis (aus dem Iran) oder Mochi-Reis (aus Japan) sind wahrscheinlich selbst Reisliebhaber mit ihrem Latein am Ende. Sie alle zählen zum bunten Sammelsurium an Reis-Sorten, von denen weltweit etwa 8’000 existieren. Das Tropenhaus Wolhusen zeigt nun auf seinen rund 60 Quadratmeter grossen Reis-Terrassen den Reis in drei verschiedenen Wachstumsstadien.
Doch wieso ausgerechnet Reis? Dafür gibt es einige Gründe: So steht der Reis bei rund 50 Prozent der Weltbevölkerung täglich auf dem Speiseplan. Damit ist er eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel unserer Erde. In Asien etwa werden satte 150 Kilogramm Reis pro Kopf pro Jahr verdrückt. Zum Vergleich: Wir schaffen es gerade einmal auf fünf Kilo. Damit wird der Reisanbau für rund 150 Millionen Kleinbauern auf allen Kontinenten zu einer wichtigen Einnahmequelle. Doch hat dieser vermeintlich «heilige Reis» auch seine Bürden: Die Erträge sind nicht mehr so hoch wie auch schon; und damit schwindet auch die Chance, davon leben zu können.
Reis als Klimakiller?
Doch der Reis macht es nicht nur Kleinbauern schwer. Auch mit Klimaschützern stehen die Wunderkörner zunehmend auf Kriegsfuss, denn vielerorts werden die Reis-Terrassen geflutet, was rund 40 Prozent des weltweiten Bewässerungswassers verspeist. Und damit nicht genug: Bleiben Niederschläge aus, muss zusätzlich noch Grundwasser zur Bewässerung gepumpt werden. Zudem ist der Reisanbau für 11 Prozent der globalen Emissionen des Treibhausgases Methan verantwortlich. An diesem Punkt kommt nun das Tropenhaus und seine Partner, die Entwicklungsorganisation Helvetas sowie die Reismühle Brunnen (übrigens der grösste Produzent von Fairtrade Reis in Europa) ins Spiel:
Nachhaltige Reis-Terrassen
Mit der Zauberformel «System of Rice Intensification» wollen die Initianten den Reis nicht nur auf unsere Teller bringen, sondern auch einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigem Reisanbau leisten: «Genauso wie es in Zusammenarbeit mit den Bauern in Thailand oder Indien geschieht, werden auch in Wolhusen junge Reispflanzen bereits im frühen Stadium umgepflanzt – mit grösserem Abstand. Dadurch wachsen stärkere und robustere Pflanzen mit mehr Ähren», erklärt Frank Eyhorn, Berater für nachhaltige Landwirtschaft bei Helvetas. Mit diesem Anbauverfahren wird nicht nur weniger Wasser verbraucht, auch der Boden bleibt über längere Zeit fruchtbar und folglich werden höhere Erträge erzielt: «Die Wertschöpfung nimmt bis zu 50 bis 100 Prozent zu!»
Reisanbau als Experiment
Die oberste der drei übereinanderliegenden Reis-Terrassen wurde bereits Mitte November bepflanzt – und das Getreide beginnt bereits zu blühen. Doch wie viele Reiskörner schlussendlich in den Erntesäcken landen, ist noch ungewiss: «Der Versuch, in nördlichen Breitengraden Reis anzubauen, ist bisher gescheitert», konstatiert Gerhard Marty, Geschäftsführer der Reismühle Brunnen. Und tatsächlich: Wenn Reis in Europa angebaut wird, dann im Süden; in Spanien, Italien oder Südfrankreich etwa. Zwar sind mit den warmen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit im Tropenhaus bereits zwei wichtige Voraussetzungen für das Wachstum von Reis gegeben, doch damit sich das Getreide auch richtig wohl fühlt, braucht es genügend (Sonnen)Licht, und davon gibt es in der Schweiz leider zu wenig – besonders in den Wintermonaten. Mit künstlichen Lichtquellen und wöchentlicher Bewässerung mit rund 1.2 Kubik Liter Wasser wollen die Gärtner nun das maximale aus den drei Reis-Terrassen herausholen.
Überraschende Reis-Kreationen
Ob nun 10 Kilogramm oder 100 Kilogramm Schweizer Reis-Ertrag – das wird die Zeit weisen. Andreas Halter, Küchenchef im hauseigenen Restaurant MAHOI, fehlt es aber definitiv nicht an Ideen, in welchen besonderen Variationen er das selbstangebaute Korn seinen Gästen im Restaurant servieren kann. Wir kamen am Eröffnungsevent in den Genuss dieser schmackhaften Reis-Kreationen, von welchen einige ab sofort im Restaurant MAHOI serviert werden:
Hast Du noch Fragen zum nachhaltigen Reisanbau oder möchtest mit uns gern ein exklusives Reis-Rezept teilen? Dann schreib uns in den Kommentaren oder via insider@lunchgate.com.