Freunde der gehobenen Küche aufgepasst: Letzten Donnerstag eröffnete ein neues Lokal in Zürich, das Restaurant 1904. Für das gastronomische Konzept und die Geschäftsführung zuständig ist der Sterne-Koch Dario Cadonau, als Küchenchef fungiert der aufstrebende Koch Thomas Bissegger. Das Lokal befindet sich nur wenige Schritte vom Löwenplatz entfernt und sicherte sich somit einen Platz zwischen Jelmoli, Globus und Migros City – sprich an einer absoluten Top-Lage. Wir haben das neue Spitzenlokal natürlich bereits für euch getestet und verraten, auf was ihr euch freuen könnt.
Bereits bei der Reservation überraschte die Nachfrage, ob sich unter den Gästen Allergiker befänden oder sonst eine Abneigung für bestimmte Zutaten bestehe. Für mich natürlich die perfekte Gelegenheit, um mich als Veganerin zu outen. Mit einem nur wenige Minuten späteren Rückruf wurde mir versichert, dies sei kein Problem.
Dass dieses Restaurant nicht nur auf die kulinarischen Erlebnisse Wert legt, wird einem beim Betreten des Lokals bewusst. Als Erstes springt einem wahrscheinlich das Decken-Design ins Auge. Dort erblickt man nämlich exakt 1904 Holzelemente, die kunstvoll in einem eindrücklichen Konstrukt enden. Einen Kontrast zu diesen vielen Elementen stellt die massive Wand aus italienischem Marmor dar, die Ruhe ins Geschehen bringt. Weiter fällt auch die Küche auf, die durch mehrheitlich Glasscheiben vom Essbereich abgetrennt ist, und sich so mitten im Raum zu befinden scheint. Das Fumoir und der begehbare Weinschrank sind dabei das Tüpfelchen auf dem i. Dass im von Lagonda gestalteten Interieur nichts dem Zufall überlassen wurde, merkt man sofort.
Nun aber zum Kulinarischen, das in mehreren Gängen serviert wurde:
Der Apéro
Kurz nach der Ankunft wurde uns bereits der farbenfrohe Apéro serviert. Dieser bestand aus einem Cornet mit Rindstatar und Kaviar, Tacos mit Sellerie und Meerrettich und einer äusserlich Macarons ähnelnden Köstlichkeit aus Randen und Apfel sowie aus Aal als Fleischvariante.
Der erste Gang
Bald schon nach dem Apéro kamen zwei Kellner und servierten uns den ersten Gang. Die fleischige Version bestand aus Rinds-Tartar, kunstvoll angerichtet. Auch das pflanzliche Gericht, eine Suppe mit Erbsen, Morcheln und würzigem Dashi, sah wunderbar aus und schmeckte auch so.
Der zweite Gang
«Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich.», würde Wilhelm Busch an dieser Stelle passenderweise anmerken. Und so ist es auch – es wurde uns luftiges Spinat-Püree, mit Zitronen-Nage, La Ratte-Crunch und konfiertem Eigelb serviert. Das veganisierte Pendant überzeugte ebenfalls, auch ohne Ei.
Der dritte Gang
Auch bei diesem Gang hat das Auge mitgegessen. Gerade das vegane Bohnen-Tartar mit Bohnenkrautöl, fermentierten Pflaumen und Vinaigrette war wunderbar auf dem Teller angerichtet. In mühsamer Handarbeit wurden hier diverse Kräuter so präpariert, dass sie aus dem Tartar herauszuwachsen schienen – man kann sich nur vorstellen, was dies für eine «Gfätterliarbeit» gewesen sein muss. Für meine Begleitung gab es das wohl fleischigste Menü des Abends, bestehend aus kurz gebratenem Flank Steak, Rettich-Cannelloni mit Ochsenschwanzragout, French Toast mit Brotcrème und Rindsfiletschinken sowie Rettichsalat.
Der vierte Gang
Nach einer kurzen Verschnaufpause wurde uns in routinierter Manier der vierte und somit letzte Gang serviert – das Dessert! Dieses bestand aus Sauerampfer-Sorbet, Hafer-Amaranth-Granola und Holunderblüten-Espuma. Das Einzige, was unsere zwei Speisen unterschied, war das stilvolle, aber leider nicht vegane Meringue.
Die Friandises
Nach dem Dessert hatten wir uns schon mit dem Gedanken vertraut gemacht, dass unser Fine-Dining-Erlebnis nun vorbei war. Doch falsch gedacht! Erneut kamen die zwei Kellner an unseren Tisch und brachten uns zwei kleine Tellerchen, auf denen farbenfrohe Süssigkeiten zum Vorschein kamen – allem voran mein persönliches Highlight des Abends, nämlich super luftige Macarons aus Kichererbsen!
Fazit
Im 1904 wird der Gast von A bis Z wie ein König, respektive eine Königin, behandelt. Man mag’s kaum glauben: Sogar die Handtaschen bekommen hier einen eigenen Schemel. Ein Besuch in diesem Restaurant ist definitiv etwas, was man nicht alle Tage erlebt. Das Ereignis hat dementsprechend seinen Preis.
Zur Auswahl stehen auf der Speisekarte bis zu acht Gänge, die stolze CHF 220.- pro Person kosten. Am Erschwinglichsten ist das Vier-Gänge-Menü für stattliche CHF 140.-. Eine Weinbegleitung kostet entsprechend extra, der Preis variiert je nach Anzahl der Gänge zwischen CHF 78.- und 128.-.
Wer auf futuristisches Design, offenen Raum und ruhiges Dinieren steht, ist hier also am absolut richtigen Ort. Leider büsst das Lokal dadurch aber auch ein wenig an gemütlicher und heimeliger Atmosphäre ein, was sich an den verhaltenen Tischgesprächen bemerkbar macht.
Obwohl jeder Gang ein sehr leckeres und wunderschönes Kunstwerk ist, wird man von den kleinen Portionen einfach nicht richtig satt. Zudem ist es schade, dass die jeweils sehr schmackhaften Gerichte durch die kleinen Portionen auch nie richtig ausgekostet werden können.
Wenn euch das 1904 nun neugierig gemacht hat und ihr es ausprobieren geht, dann wünschen wir – ganz nach Fine Dining Manier – dass euch das Essen vortrefflich mundet!
1904 Designed by Lagonda
Löwenstrasse 42
8001 Zürich
Wetten dass…..
…es dieses überteuerte Schickimicki-Restaurant in spätestens 2 Jahren – zumindest in dieser Form – nicht mehr geben wird! Natürlich gibt es nicht wenige Leute, die sich das leisten könnten, aber bis 300.- CHF ausgeben für ein „Feinkost Dinner“ plus Wein und anschliessend mit knurrendem Magen das Restaurant verlassen, dazu sind höchstens Snobs bereit oder Hochglanzprospekt-Firmen, die der lokalen Servelatprominenz „etwas Besonderes“ bieten wollen. Davon allein kann man an dieser teuren Lage allerdings nicht überleben.
Hallo Adriano
Es ist in der Tat eine sehr teure Angelegenheit für Normalsterbliche – auch wir sind deshalb gespannt, wie sich das Restaurant weiterentwickeln wird!
Liebe Grüsse, Selina