In Zürich hat eine Tavolata eröffnet! Okay, zugegeben: Als ich das Wort Tavolata hörte, dachte ich unverzüglich an üppig gedeckte Holztische, um welche sich laut lachend, wild diskutierend und gestikulierend italienische Freunde drängen, die bis in die späten Abendstunden in einem lauschigen Innenhof eines piemontesischen Gutshauses vino trinken und Pasta schlemmen. So weit, so falsch: Die neueste Tavolata, die es in Zürich zu geniessen gibt, liegt im Langstrassenquartier, im ehemaligen Liquid (man stelle sich vor!), und serviert (man lese und staune): Thailändisches Essen.
Genau diese Widersprüche zu den Erwartungen an das Wort Tavolata waren es jedoch, die unsere Neugier weckten und uns dazu bewogen, der Tavolata Kinkhao einen Besuch abzustatten.
Mit viel Herzblut umgebautes Liquid
Liquid steht draussen noch immer angeschrieben, doch ein Blick durch die Glastür zeigt schnell, dass wir hier vor einem Restaurant stehen, welches ausser des Wirts Christoph Gasser und der Gemäuer nicht mehr sehr viel mit der alten Bar gemein hat. Direkt beim Eingang werden liebevoll thailändische Spezialitäten, Taschen und sonstige Produkte ausgestellt, die in Thailand von Hand gemacht werden und deren Erlös direkt in die Heimatstadt von Laor, Christophs Frau, fliesst, wie uns die sympathische Gastgeberin stolz erzählt.
Der thailändische Gemeinschaftsgedanke im Zentrum
Schon beim Eintreten überkommt uns ein Gefühl, als würden wir alte Bekannte besuchen. Der Raum ist um halb sieben bereits gut gefüllt – die Gäste unterhalten sich angeregt bei einem Apéro – als uns der Wirt, Christoph, voller Freude das Konzept des Kinkhao erläutert.
Ob dies alles Freunde des Hauses seien, möchte ich wissen. Christoph lacht und verneint. Aber das sei ihm eben der wichtigste Teil seines Restaurantkonzeptes, erklärt er mir. Dass es sich anfühle, als käme man in ein mit Freunden gefülltes Daheim. Der Gemeinschaftsgedanke, der auch in Thailand beim Essen so wichtig und zentral sei, stehe im Mittelpunkt. Deshalb sei es im Kinkhao auch gar kein Problem, alleine essen zu gehen, im Gegenteil. Und ich bemerke, dass tatsächlich so einige Menschen ohne Begleitung gekommen sind, was mir irgendwie gefällt.
Jeden Abend gibt’s Apéro ab 18 Uhr und um etwa 19:30 beginnt das Essen an den drei grossen gedeckten Tischen. Man könne aber auch ohne Probleme später dazustossen, denn auch wenn es eine Tavolata sei, gebe es Tellerservice, erklärt Christoph.
Spicy Salad oder eine verhängnisvolle Selbstüberschätzung
Bevor die Tavolata beginnt, steht Christoph vor die Gäste und fragt nach Lebensmittel-Intoleranzen und Schärfe-Verträglichkeit. Übermütig verkündigen wir, dass unsere Schmerzgrenze in Bezug auf die Schärfe für Schweizer Verhältnisse ziemlich hoch sei.
Der Koch musste dabei wahrscheinlich kurz leise kichern. Denn beim ersten Gang bereuen wir unseren Übermut: Es ist ein bunter Spicy Salad mit Rindfleisch an einer Sauce aus Knoblauch, Chili, Fischsauce, Minze und Koriander. Zwar ist der Salat sehr würzig und fein – doch definitiv einen Ticken zu scharf für das sensible Schweizer Durchschnittszünglein. Das dazu gereichte Gewürzbrot neutralisiert zum Glück unsere Gaumen und wir sind bereit für die nächsten Leckereien, die alle ein wenig milder – und somit für uns genau richtig – ausfallen.
Streetfood meets Tavolata
Der zweite Gang überrascht schon durch seine raffinierte Präsentation: Fischburger auf Holzspiesschen, die ein wenig an Lollipops erinnern. Eine Hommage an den bekannten thailändischen Streetfood und wie alle Gerichte eine Spezialität aus Laors Heimat, dem Nordosten Thailands. Die Patties sind aus zertifiziertem Tilapitafisch, Kefirlimettenblätter, Schlangenbohnenstücken und etwas Ei hergestellt und schmecken uns sehr gut. Keine Geschmacksexplosion – aber so fein, dass man gerne mehr davon isst.
Als nächstes kommt wieder ein Fisch: Rotbarsch oder auch Goldbarsch genannt. Dieses Mal ist er aber nicht gehackt und aufgespiesst, sondern filetiert und hübsch im Palmenblatt verpackt. Darin wurde er mit Kokosnussmilch, Curry und Limettenblättern mariniert und gedämpft. Dazu wird Laab gereicht, ein Gericht aus Shitakepilzen, Minze, Limettensaft, Koriander und Reisgriess, welches dem Gericht eine herrliche Knusprigkeit verleiht. Einer meiner Favoriten des Abends! Ausserdem gibt’s Nam Phrik Oong, geschmacksintensiv eingekochte Tomaten mit Chili, und natürlich Sticky Rice, Klebreis, ein Klassiker aus dem Land des Lächelns.
Dreierlei Curry-Klassiker zum Hauptgang
Der Hauptgang besteht aus einem Curry-Dreierlei: Rotes, grünes und gelbes Thaicurry, welche vegetarisch und im Falle des gelben Currys mit Poulet daherkommen. Eine sehr willkommene Lösung, da es für mich beim thailändischen Essen immer der grösste Kampf ist, mich zwischen den diversen Curries zu entscheiden. Sie sind sehr, sehr schmackhaft – dennoch hätte ich mir noch die eine oder andere Überraschung gewünscht, die bei diesen drei Klassikern leider ausbleibt. Doch wer weiss, was die Küche des Kinkhao zukünftig noch für uns bereithält – wir bleiben sehr gespannt.
Das Glücksgefühl hält auch nach dem Zahlen noch an
Nach einem abschliessenden, fruchtigen Mango-Glacé sind wir satt und glücklich. Und dieses Glücksgefühl wird auch vom Gang zur Kasse nicht getrübt: Montags und dienstags gibt’s vier Gänge für 40 Franken, inklusive Weinbegleitung kostet der feine Spass nur 10 Franken mehr. Der Tischwein kann jedoch nur begrenzt ausgewählt werden. Der gereichte Rioja, den man sich bei Bedarf selbst nachschenken darf, war jedoch solide und fein. Aber der Weinkarte wegen kommt man nicht ins Kinkhao. Mittwochs und donnerstags gibt’s dann fünf Gänge (CHF 50/CHF 65) und Freitag bis Sonntag sechs Gänge (CHF 75/CHF 95).
Christoph und Laor, wir kommen wieder!
Zusammenfassend kann man sagen: Sehr feine, authentische thailändische Küche und zwei grosszügige sowie grossherzige Gastgeber, die für eine wunderbar herzliche Stimmung sorgen, die definitiv zum Verweilen einlädt. Kurzum: Ein Abend, der uns aufgrund der persönlichen Note, die Christoph und Laor in ihrem Restaurant versprühen, für immer in bester Erinnerung und im Herzen bleiben wird.
Eingangs habe ich behauptet, das Kinkhao wäre ein Widerspruch zu meinen gängigen Konnotationen mit dem Wort Tavolata, doch Asche auf mein Haupt, was lag ich falsch! Denn je länger der Abend wurde, desto mehr wurden Fremde zu Freunden, desto lauter diskutierten, palaverten und lachten wir. So war es eben doch ein bisschen wie in einem lauschigen Hinterhof im Piemont. Nur halt zum Glück lediglich einen Katzensprung entfernt.
Christoph und Laor, wir kommen sehr, sehr gerne wieder.
Restaurant Kinkhao
Zwinglistrasse 12
8004 Zürich
Wir waren schon viermal im Kinkhao und jedesmal waren wir einfach nur paff und begeistert von der Qualität, dem Ambiente und dem spürbaren Herzblut, die wir seit dem öffnen der Eingangstüre jeweils erleben durften. Die Preise sind extrem moderat für all die Köstlichkeiten, wenn ich daran denke, dass wir überall anders mit dem Budget niemals so weit kommen würden. Für uns ist es ein Geheimtip den jeder Mann / jede Frau ausprobieren sollte. Zudem haben wir neue Leute kennen gelernt und so schon eine neue Freundin dazu gewonnen. Unser Tip: einfach genissen, sich überaschen lassen und sich rundum zufrieden wohl fühlen
Das ist aber ein schönes Feedback Michel und ich kann Dir nur zustimmen! Das Kinkhao ist definitiv mehrere Besuche wert. 🙂 Liebe Grüsse, Marina