Das Stichwort «Albisgütli» löst bei mir unterschiedliche Assoziationen aus: Knabenschiessen, SVP-Tagungen, Country-Festival, Endhaltestelle des 13er-Trams – und wie vielen Zürchern ist mir auch das altehrwürdige «Gasthaus Albisgütli» ein Begriff. Das denkmalgeschützte Gasthaus wurde Anfang des Jahres nach einer 9-monatigen Umbauphase wiedereröffnet – Traditionen wurden erhalten, doch das Interieur wurde definitiv entstaubt. Das «Albisgütli» wirkt frisch, modern und unkompliziert. Das Konzept: Eine Symbiose von Tradition und Moderne.
Gartenterrasse: Sommerlich und Corona friendly
Also ich weiss ja nicht wie’s euch geht, aber «grosszügige Gartenterrasse» klingt wie ASMR in meinen Ohren. Nicht erst seit Corona bin ich dankbar, wenn ich nicht eng zusammengepfercht Rücken an Rücken mit anderen Gästen sitze. Als ich auf die Terrasse des neurenovierten «Gasthaus Albisgütli» zumarschiere, hüpft mein Herz: Aussicht. Platz. Und ein verführerischer Duft, der in der Luft liegt und meinen Magen motiviert, abermals laut zu knurren.
(*Autonomous Sensory Meridian Response, kurz ASMR, bezeichnet die Erfahrung eines kribbelnden, angenehm empfundenen Gefühls auf der Haut, Anm.d.Red.)
Doch nicht nur knurrende Mägen werden im Albisgütli glücklich. Freundlich werden wir vom Servicepersonal in Empfang genommen und nach einem kurzen Apéro in der Lounge zu unserem Tisch geführt. Herzlicher Service ist leider absolut nicht selbstverständlich und zeichnet für mich ein gutes Restaurant aus.
Von Cordon bleu bis Falafel
Auf der Karte finden sich traditionelle Schweizer Gerichte, wie beispielsweise Cordon-Bleu, Eglifilets, Züri Gschnätzlets oder Kalbsleberli. Versprochen wird eine «moderne Umsetzung» der «traditionellen Schweizer Küche». Wir sind gespannt und bestellen daher das Cordon bleu vom Schweinskotelett sowie das gebratene Zanderfilet zur Hauptspeise. Als Vorspeise entscheiden wir uns für das Markbein, das Balik-Lachstatar und die Weissweinsuppe. Doch wer im Albisgütli speist, muss nicht zwingend traditionell essen: Chèvre Chaud, Falafel im Pitabrot und Feigen-Pecorino-Ravioli sind einige der aus fremden Küchen entstammenden Beispiele.
Der Wein, der uns zu unseren Gängen empfohlen wird, kommt passenderweise aus der Region: Der «Stadtschützewy» des Weinguts Familie Zahner in Truttikon, ein süffiger Riesling-Sylvaner, der ausgesprochen perfekt zu diesem Sommerabend passt.
Weissweinsüppchen, Markbein & Baliklachs
Unsere drei Vorspeisen werden in Windeseile serviert und das Auge, das bekanntlich als Erstes isst, ist bereits überglücklich. Das geröstete Markbein kommt garniert mit rotem und schwarzem Pfeffer sowie Fenchelsamen. Eine schlaue Kombination zu dem fettigen Gericht, da Fenchelsamen bekanntlich der Verdauung helfen. Doch auch geschmacklich harmoniert das Anisartige mit dem rauchig-öligen Knochenmark.
Die Weissweinsuppe ist genauso, wie ich sie mir erträumt hatte. Dank des Rahmes ist sie umami bis zum Umfallen und harmoniert perfekt mit der leichten Säure des Weissweines. Das Lachstatar mit Balik-Lachs schmeckt uns ebenfalls sehr gut. Schade ist hier einzig, dass aufgrund des Sauerrahmes der so einzigartige Geschmack des Balik-Lachs etwas untergeht. Aber ja, gemeckert auf hohem Niveau.
Cordon bleu & Zanderfilet
Glücklich nach diesem Auftakt warten wir auf den Hauptgang, der ebenso unverzüglich serviert wird wie die Vorspeisen. Unser Redaktor und Cordon-bleu-Liebhaber Max, der mich an diesem Abend begleitet, staunt nicht schlecht, als er sieht, dass das Schweins-Cordon-bleu tatsächlich am Knochen serviert wird.
Ebenfalls erwähnenswert ist die Panade und der Schinken: Die Panade besteht aus «Panko», das aus der japanischen Küche bekannt ist und flockiger und grober daherkommt als herkömmliches Paniermehl. Dadurch schmeckt es intensiver und sehr fein. Der Schinken im Cordon bleu ist ein echtes «Schinkli» und kein dünngeschnittener Aufschnitt. Höchstnote gibt es hier bereits für die Kreativität, mit der das traditionelle Gericht spannender gemacht wurde, ohne es zu sehr zu verändern – und auch geschmacklich ist das Albisgüetli-Cordon-bleu ausgezeichnet.
Auch der Zander schmeckt tadellos. Der Weissweinrisotto hätte für meinen Geschmack ruhig noch etwas knackiger sein können – doch die schöne Präsentation sowie die Qualität des Fisches lässt mich dies im Laufe des Gerichts glatt vergessen.
Modernität & Tradition
Auf den Tellern hat die anfangs versprochene Kombination von Tradition und Moderne hervorragend funktioniert. Und auch im Interior-Konzept scheint dies das Kredo gewesen zu sein: Am besten versinnbildlicht diesen Seiltanz eine Kanone, die im Saal direkt neben der rosa Plüschcouch steht, und mit silbernen Plättchen im Discokugel-Look verziert ist. Ganz im Stil von: «Das Schiessen ist Teil unserer Tradition – doch bitte etwas funky».
Fazit
Traditionelle Gerichte kommen im «Gasthaus Albisgütli« mit einem spannenden Twist daher, die Menükarte beinhaltet ebenso interessante vegetarische und vegane Gerichte. Natürlich achtet man sich auch auf Klimafreundlichkeit – geht’s denn überhaupt noch ohne heutzutage? Lange Transportwege werden vermieden, die Produkte stammen zu einem grossen Teil aus der Region.
Preislich ist das Albisgütli nicht günstig aber durchaus mehr als fair: Das Zanderfilet kostet CHF 39.50, das Cordon bleu CHF 36.50. Das teuerste Gericht auf der Karte ist der Tafelspitz, der in zwei Gängen für CHF 49.50 serviert wird.
Satt und glücklich gönnen wir uns noch ein «Affogato al Caffè» und sind bereits gespannt darauf, was das altehrwürdige «Gasthaus Albisgütli» zukünftig auf die modernen Tellerchen zaubert.
Dieser Blogpost entstand in freundlicher Zusammenarbeit mit dem «Gasthaus Albisgütli». Unabhängig davon, beschreiben wir hier wie immer unsere eigenen Eindrücke vor Ort sowie die persönliche Meinung der Autorin.
Gasthaus Albisgütli
Uetlibergstrasse 341
8045 Zürich