Die peruanische Küche. Lange konnte ich mir nicht wirklich viel darunter vorstellen. Dann, seit ein paar Monaten oder maximal Jahren, dachte ich vielleicht an Ceviche, Avocados und Pisco Sour. Phu. Ich entschuldige mich hiermit offiziell für meine Naivität. Denn die Geschmäcker Perus sind explosiv und vielfältig, haben diverse Einflüsse von internationalen Einwanderern und sind vor allem eines: niemals langweilig. Wir sind mitten in Zürich in das Geheimnis der Küche Perus eingetaucht – und haben uns schockverliebt.
Doch um diese Info schon mal vorweg zu nehmen: Die peruanische Perle, die nebst Restaurant auch eine Kunstgalerie ist, ist leider ein Pop-up und hat nur noch bis Ende März 2020 geöffnet. Drum nicht’s wie los!
¡Holà Caserita!
Das Lokal befindet sich an der Militärstrasse, Ecke Kasernenstrasse. Einen Katzensprung vom HB entfernt. Das «Casera», so viel weiss ich zu diesem Zeitpunkt, ist ein Pop-up. Entsprechend überrascht es mich nicht, dass das Interieur relativ schlicht gehalten ist. Dennoch fühle ich mich sofort wohl, was nicht zuletzt an der warmherzigen Begrüssung der Gastgeber liegt.
Gastgeber, das sind Alfi und seine Freundin Kathrin. Sie ist halb Peruanerin, halb Schweizerin, Alfi stammt ganz aus Peru. «Du bist unsere Caserita!» eröffnet mir Alfi strahlend und ich bin zwar entzückt aber versteh‘ nur Bahnhof. «Casera» werde man beispielsweise auf dem Markt genannt, erklärt mir Alfi, von Marktverkäufern, die man schon lange kennt. Es ist ein Kosename, der viel mehr Herzlichkeit enthält als das (wie üblich) strengere deutsche Wort «Stammkunde». Und Caserita – ja ihr könnt’s euch denken – ist die Verniedlichungsform davon.
Pisco Sour mit Zimt
Wir starten mit einem klassischen Pisco Sour. Pisco ist ein Brandy, der aus Trauben gemacht wird. Dieser wird mit Limetten, Zucker und Eis gemischt und kriegt eine Eiweisshaube aufgesetzt. In Cocktailbars wird abschliessend Angostura darüber gestreut; bei Alfi gibt’s Zimt. «Das ist typisch peruanisch», erklärt uns Kathrin, seine Freundin. «Fast niemand hat Angostura zuhause, in Peru. Doch Zimt, das hat jeder». Der Drink schmeckt himmlisch.
Wein Pairing
Apropos Getränke. Diese sind im «Casera» auch in Bezug auf Wein erste Sahne. Sie kommen nicht – wie man denken würde – aus Peru, sondern aus dem schönen Tessin. Denn Alfi mag es, lokale Produkte mit der peruanischen Küche zu paaren. Auf jeden Gang hat er zusammen mit dem Neffen der Tessiner Weinkellerei Familie «Agriloro» einen der vorzüglichen Weine abgestimmt. Die Weine kann man in Zürich in der Vinothek Brancaia kaufen.
Ceviche Nikkei de Atun
Unsere Tour durch die peruanische Küche beginnt mit einem weiteren Klassiker: «Ceviche Nikkei de Atun». Nikkei ist die Küche, die aus der Fusion japanischer und peruanischer Küche entstand. Die Zwiebeln, verrät mir Alfi, werden drei Mal gewaschen, damit sie weniger penetrant schmecken und die restlichen Zutaten nicht übertönen. Die Kombination aus Thunfisch, Süsskartoffelpüree, Cherrytomaten, Radieschen, Zwiebeln, Koriander, Avocado, Nikkeisauce und natürlich Leche de Tigre ist aromatisch, umami und so gut, dass man gar nicht mehr aufhören möchte.
Lúcuma Brot und Copoazú Butter
Ihr lest den Titel und denkt wahrscheinlich so «Hä?». Ja, ging uns gleich. Also: Lúcuma und Copoazú sind beides Früchte aus Peru. Erstere wird auch das «Gold der Inkas» genannt, gemahlen lässt sich ihr Mehl zu Brot verarbeiten. Dieses wird frittiert und dann in Butter getunkt. Die Butter wird aus Copoazú hergestellt, eine Frucht, die der Kakao-Frucht verwandt ist. Ungewohnte Geschmäcker, süss und leicht säuerlich, die Butter hat einen dezenten Hefegeschmack. Ein durchaus erfreulicher Zwischengang.
Papa Rellena, der Strassensnack
Bei Ceviche war mir ziemlich schnell klar, was mich erwarten würde. Doch beim Rest stand ich an; auch die deutsche Erklärung half mir nicht weiter. So steht beim nächsten Gericht «Papa Rellena» beispielsweise: «Gefüllte Kartoffel mit Rindfleisch, Huacatay Sauce und Zarza Criolla». Zum Glück steht einem im «Casera» das passionierte und superkompetente Servicepersonal wie auch der Inhaber und Koch Alfi stets zur Seite. Sie nehmen sich gerne und viel Zeit, die Zutaten zu erklären.
«Papa Rellena», das sei ein Strassensnack. Nach der Schule beispielsweise hole man sich eine solche Kartoffel beim nächsten Streetfoodstand. Und wir werden nicht enttäuscht. So langweilig eine gefüllte Kartoffel in meinen Ohren klang, so falsch lag ich. Die Geschmäcker harmonieren hervorragend; die Füllung der Kartoffel sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Jeder Bissen liess mein Herz höher schlagen.
Lomo Saltado, das Signature Dish
«Lomo Saltado», das ist sautierte Rindshuft, Tomaten, Zwiebeln, Ingwer, flambiert mit Pisco, Reis und Kartoffeln. Auch hier macht sich der internationale Einfluss, der die peruanische Küche prägt, bemerkbar: Es ist ein chinesisches Wok-Gericht, peruanisch interpretiert. Geschmacklich überraschte mich dieser Gang am wenigsten, was aber nicht heisst, dass es nicht schmeckte. Im Gegenteil; das Gericht verleitete zum Teller ausschlürfen, was uns von Alfi offiziell erlaubt wurde. Sorry nochmals, aber von dieser Umami-Bombe kann man gar nicht genug bekommen.
Dessert & Fazit
Zum Dessert gab’s ein Cheesecake mit Passionsfrucht. Ein solider Klassiker, der gerne wärmer hätte sein dürfen, doch wir sind sehr glücklich. Der peruanische Kaffee, den Alfi direkt von einem Kaffeebauer aus Peru bezieht, ist einer der besten, der ich je in Zürich in einem Restaurant getrunken habe.
Das «Casera» vereint alles, was für mich ein gutes Restaurant ausmacht: Herzliche Gastgeber und Servicepersonal, die Freude an ihrem Job haben. Inspiriertes und kreatives Essen, das qualitativ hochwertig ist und hervorragend schmeckt. Und last but not least Preise, die mehr als angemessen sind. Der teuerste Hauptgang (mit Fleisch) kostet CHF 34.50.
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag ab 17 Uhr
P.S.
Am Donnerstag gibt es im «Casera» peruanische Nigiris. Inspiriert von der japanischen Küche, doch mit peruanischen Zutaten. Wir durften diese auch probieren und so viel sei gesagt: Ich würde die Nigiris gerne zum Zmorge, Zmittag & Znacht essen.
Alfi hat uns dankenswerterweise zu unserem Abendessen eingeladen. Unabhängig davon, beschreiben wir hier wie immer unsere eigenen Eindrücke vor Ort sowie die persönliche Meinung der Autorin.