Wie schmeckt Afghanisch? Ausgezeichnet. Anders. Befriedigend. Das wird mir an diesem Abend im afghanischen Pop-up Restaurant Afghan Anar schnell klar. Alle Speisen, die Akram und seine zwei Landsmänner in der kleinen Küche für uns zubereiten, schmecken nämlich hervorragend. Das Essen nach Mamas Art schmeckt anders als das was man von der meist scharfen orientalischen Küche gewohnt ist – äusserst ausgewogen und lieblich. Irgendwie erdig. Gerade jetzt, wo es draussen wieder ungemütlich kalt ist oder nieselt, ist das Essen im Restaurant Afghan Anar besonders befriedigend. Kurz: Hier bekommst Du echtes Wohlfühlessen.
From Afghanistan with love
Unsere grosse Begeisterung über den einzigen Afghanen in Zürich ist aber trotz allem mit etwas Wehmut getrübt, denn das afghanische Restaurant auf Zeit wird ab dem 24. November 2018 leider schon wieder Geschichte sein. Aber halt! Bevor wir der kleinen afghanischen Oase an der Bäckerstrasse Adieu sagen müssen – und die feinen Mantus dann beim Afghan Anar Streetfood-Stand im Wienachtsdorf holen werden – wollen wir die Geschmäcker und Eindrücke unseres Besuchs nochmal aufleben lassen und hier mit Dir teilen.
Danach gilt es, ganz fest die Daumen zu drücken, dass Akram und seine Partnerin Jennifer bald fündig werden und sich im neuen Jahr mit ihrem eigenen und unbefristeten Lokal weiterhin in die Herzen der Zürcherinnen und Zürcher kochen können.
Der süsse Granatapfel als Markenzeichen
Hier in seinem ersten Restaurant, das schon lange sein grösster Traum war, bekocht Akram sein Gäste mit viel – und gleichzeitig sympathisch zurückhaltender – Gastfreundschaft sowie landestypischen Gerichten, die fast alle von etwas ganz Besonderem geziert sind: Von den frischesten und süssesten Granatapfelkernen, die ich je gegessen habe. Wenig verwunderlich also, dass das Lokal selbst nach der knallroten Frucht – auf Afghanisch Anar – benannt ist.
Dass hier nur die besten Produkte (lokal oder direkt importiert aus Afghanistan) verwendet und frisch im Haus verarbeitet werden, merken wir schon beim Aperitiv: Ein Prosecco mit hausgemachtem Granatapfelsaft, der dadurch eine schöne Süsse bekommt und wunderbar erfrischend ist.
Eine schweizerisch-afghanische Liebesgeschichte
Wir sitzen uns auf klassischen Orientteppichen an einem kleinen Tischchen gegenüber und machen uns an die Auswahl von Vorspeise und Hauptgang. Die hübsche Menükarte ist sehr übersichtlich, was ganz nach unserem Gusto und zudem eigentlich immer ein Zeichen von Qualität ist. Jennifer, die uns bereits mit einem grossen Strahlen und ihrem herrlichem Walliserdialekt begrüsst hatte, steht uns jetzt auch bei der Menüwahl mit Rat und Tat und einem Lächeln zur Seite.
Auf unsere Bemerkung hin, dass wir beim Afghaner nicht unbedingt Walliserdeutsch erwartet hätten, schmunzelt Jennifer und erzählt uns die Liebesgeschichte von ihr und Akram, die ganz nach Bilderbuch tönt: Die beiden haben sich im Geroldsgarten kennengelernt, und schon da gut harmoniert. Doch damals war er noch ihr Chef, und das ging dann natürlich nicht. Nachdem sie dort aufgehört hatten, spannten sie fortan privat zusammen und sind jetzt erstmals Gastgeberpaar – und das mit ganz viel Herz.
Mit der Vorspeise zum Höhepunkt
Ob hier wirklich alles so harmonisch ist, wie es tönt und aussieht, wollen wir jetzt mit den bestellten Speisen testen. Meine Kollegin und ich teilen uns zwei Vorspeisen und wählen je einen vegetarischen Hauptgang.
Zuerst wird uns das Bandjan Borani serviert, ein traditionelles Auberginengericht, das schon beim ersten Bissen grosses Entzücken auslöst: Die gebratenen Auberginenscheiben haben eine unglaublich cremige Konsistenz und werden von einem würzigen Tomatensaucenspiegel sowie von säuerlichem (veganen) Joghurt, spritzigen Granatapfelkernen und getrockneter Pfefferminze komplettiert. Ein Traum!
Obwohl das Fladenbrot, das zur Vorspeise gereicht wird, längst nicht so aufregend ist wie die Aubergine, können wir damit zumindest die letzten Reste der feinen Sauce auftunken.
Die zweite Vorspeise, Bolani mit Lauch und Kartoffelfüllung, hat uns Jennifer empfohlen. Laut der Gastgeberin gehören die frisch gebackenen Teigtaschen mit Gemüsefüllung ebenfalls zu den Klassikern der afghanischen Küche. Nachdem wir das hübsch drapierte Gericht bewundert haben, probieren wir gespannt: Der Teigfladen ist knusprig frittiert und die gut gewürzte Füllung macht ebenso viel Freude.
Obwohl das Bolani meiner Meinung nach nicht ganz an das wahrlich perfekte Auberginengericht rankommt, essen wir auch diesen Teller genüsslich leer. Mittlerweile ist das süsse Lokal übrigens bis auf den letzten Platz mit zufriedenen Gästen, und deren fröhliche Gespräche, gefüllt.
Herzhaft und herzlich
Nun werden die zwei Hauptspeisen serviert. Apropos Service: Wann immer Jennifer gerade alle Hände voll zu tun haben, greifen ihr die zwei aufmerksamen Sous-Chefs aus Afghanistan unter die Arme, und servieren die von ihnen zubereiteten Gerichte gleich selber. Das verleiht dem Lokal einen besonders authentischen und herzlichen Touch.
Vor uns entfaltet sich einmal mehr ein intensiv würziger, leicht erdiger Geschmack und auch was die Farben betrifft erkennt man bei der afghanischen Küche ein gewisses Motto: Sanfte Beige- bis Orangetöne, die von dem Knallrot der Granatäpfelkerne getoppt werden. Farblich perfekt abgestimmt, harmonieren die verschiedenen Komponenten vor allem aber auch geschmacklich unglaublich gut.
Bei mir sind das die Mantu, acht elegant gefaltete Teigtaschen mit einer Füllung aus Lauch und Kürbis. Sowohl der Teig, wie auch die darüber verteilten Linsen haben einen guten Biss. Dazu die cremige Füllung und das Sojajoghurt, und die Umami-Bombe ist gezündet. Für einmal bin ich nicht traurig, dass ich nicht alles mag, denn so kann ich die Resten davon nach Hause nehmen und dort auf ein Neues geniessen.
Die Portion des Mungbohnen-Risottos genannt Shola Gorbandi, für meine Kollegin ist ebenfalls äusserst grosszügig und schmeckt vorzüglich. Die afghanische Spezialität ist zudem eine wahre Nährstoffbombe: In der Schale sind Reiskörner, Mungbohnen und Kichererbsen vereint. Darüber das obligate Joghurt (bei ihr zwar nicht vegan aber hausgemacht!), Linsen, viel getrocknete Pfefferminze und Anar, Granatapfel. Einziger Kritikpunkt: Für meine Kollegin könnte der Risotto ruhig etwas rassiger sein – die Chillinote bemerkt man tatsächlich nur leicht im Abgang.
Beim Dessert ist noch Luft nach oben
Als wir beide unsere Doggy Bags bekommen, legt uns die Bedienung mit einem Zwinkern die kleine Dessertkarte auf den Tisch. Und da es für einen kleinen Dessert bekanntlich noch immer Platz gehabt hat, bestellen wir zum süssen Abschluss einmal die afghanische Panna Cotta und einmal die frische Feige, die über Nacht in Vieille Prune und Honig eingelegt worden ist.
Zwar sieht die Panna Cotta sehr hübsch aus, aber leider kann ihr Geschmack da nicht mithalten. Meine Kollegin hat Mühe, den Kardamom herauszuschmecken und findet das Dessert ziemlich nichtsaussagend. Das macht meine beschwipste Feige wett, die vor Goût nur so strotzt. Dafür hätte ich mir zum etwas verlorenen Früchten noch etwas cremiges zum Abrunden gewünscht. Vielleicht hätte man die zwei einzelnen Desserts sogar kombinieren können?
Ein Abschied auf Zeit
Allerspätestens jetzt sind wir beide satt und erfüllt mit ganz viel neuen Geschmackseindrücken, und verabschieden uns von dem herzlichen Gastgeberpaar, für hoffentlich nicht allzu lange. Denn Akram und seine Partnerin haben es echt verdient, bald in ihrem dauerhaften afghanischen Restaurant Gäste bewirten und bekochen zu können.
Dieser Beitrag macht Lust! Da möchte man sofort hingehen und die empfohlenen Gerichte versuchen. Sehr schön berichtet – und was für ein sympathisches Gastgeberpaar!
Oh, vielen Dank für das schöne Kompliment, liebe Gerda! Jaa, unbedingt bis Ende Woche hingehen oder am Wienachtsdorf besuchen 🙂 Es lohnt sich so fest!