Es scheint wie ein Märchen. Eine Geschichte, die wohl jedes Zürcher Sommerkind kennt: Sobald sich das Jahr langsam den Sommermonaten zuneigt, sobald die Tage etwas länger, die Nächte kürzer und der See lauer werden, sobald sich das Quecksilber des Thermometers nach oben spreizt und die Glückshormone allmählich durch den Körper wandern – dann ist wieder Zeit. Zeit, um ans Seeufer am Hafen Riesbach zu schlendern.
Wie alles begann...
Prolog: Das ist die Geschichte eines Mannes, der – getrieben von der Sehnsucht südlicher Lebensfreiheit – seine Leidenschaft für etwas ganz Besonderes entdeckte. Eine Leidenschaft, die in Zürich lange einzigartig war und sich im Lauf der Zeit bei so vielen Menschen in die persönlichen Sommererinnerungen eingebrannt haben. Und deshalb kehren sie, die ganz Kleinen aber auch die schon etwas Älteren, immer wieder dorthin zurück. Jahr für Jahr. Sommer für Sommer. Immer und immer wieder. Eine einstige Vision von 1998 hat allmählich Formen angenommen.
Tatsächlich – schon fast zwanzig Jahre ist es her, als Dani Kissling eine Idee hatte. Wann, Wo und Wie diese aber entstand, ist nur schwer zurückzudatieren, zumal Gefühle, Emotionen, Impulse und Leidenschaft doch so willkürlich sind: Waren es die Impressionen seiner etlichen Reiserouten rund um den Globus? Oder war es der Moment, als sich Dani und der Glaceproduzent Paolo Palumbo zum ersten Mal trafen? War es der Wille, anderen Menschen etwas Gutes zu tun? Oder schlicht der Eifer, als junger Rebell jeglicher Gesellschaftsnorm den Rücken zu kehren? Fest steht: Dani wollte Zürich mit authentischem Glace versorgen. Mit jenem von Paolo Palumbo. Ein Italiener, der täglich mit frischer Milch aus dem Zürcher Oberland seine Kreationen produziert. Er wollte nichts wissen von jener Massenware, die sich meterweise in Plastikpackungen in den Kühlboxen aller Kioske stapeln. Er sehnte sich nach einem Gelato, das es bisher nur an den Strandpromenaden oder auf einer der gepflasterten Piazza italienischer Provinzen gab.
Hauptakt: Getrieben von seiner Vision, hat Dani sein Glace-Wagen Jahr für Jahr, Sommer für Sommer an jenen Hafen am Bellerive gerollt, wo die Wege entlang der Liegewiesen langsam mäandern und die Sonne am Abend den Zürichsee berührt. Bald gab es auch nicht nur noch Vanille-, Schokolade- und Erdbeerglace zu verkaufen, sondern auch ausgefallenere Aromen, etwa Mango, Haselnuss und Passionsfrucht. Jedem Kunden wollte Dani mit seinem Glace etwas Gutes tun. Deshalb setzte er den Kindern ein Plastiktierchen auf die Waffel und den Erwachsenen eine kleine Probier-Portion, ein «Probiererli», wie es Dani liebevoll nennt. Und wie das Sortiment stetig breiter, die Leidenschaft grösser und der Wagen raffinierter wurde, hat sich Dani nicht nur ein fester Platz an der Seepromenade, sondern vor allem auch in den Herzen aller Glace-Liebhaber ergattert.
Epilog: Wir schreiben das Jahr 2016, Saisonende. Langsam wird die Kühlvitrine dunkler, die Glace-Boxen leerer und der weisse Glace-Wagen mit den blauen Streifen rollt allmählich wieder zurück in die Garage. Doch Sommer hin oder her; die Lust nach leckerem Glace bleibt. Warum also nicht einfach auch im Winter die Eiskugeln rollen lassen? Gesagt. Getan!
Und jetzt? Eine Idee, ein scheuer Jugendtraum, ist Realität geworden: Gelati Tellhof ist ihr Name. Sie liegt im Kreis 4, eingebettet zwischen Multi-Kulti-Shops und pulsierendem Nachtleben.
Erinnerungsstücke
«Probier einmal mein Lieblingsglace», lächelt Susanne Kissling, Schwester von Dani und Mitinhaberin der Gelateria Gelati Tellhof während sie mit einem routinierten Handgriff die Kühlvitrine öffnet. Sie formt eine perfekte Kugel ihres Lieblings – eine neue Kreation, die sie zusammen mit Paolo Palumbo entwickelt hat: Ein Cassis-Sorbet. Sie lässt die dunkelviolette Farbpracht in einen Pappbecher gleiten und erzählt von einer Kindheitserinnerung, die das Glace sichtlich mitgezeichnet hat: «Wir hatten so viele Cassis-Sträucher in unserem Garten!» Susanne macht kurz Pause, um sich genüsslich einen Happen ihrer Kreation in den Mund zu schieben. Und immer gegen Ende Juni – pünktlich zur Cassis-Saison – sei sie als kleines Mädchen in den Garten geschlichen, um die sauren Früchtchen von den Sträuchern zu zupfen.
Sommer im Winter
Und dieses Cassis Sorbet widerspiegelt nicht nur ein Stück Nostalgie, sondern mutiert auch zum regelrechten Glace-Geheimtipp. Doch ist dies nur eine von genau 30 (!) köstlichen Glace-Sorten, die man hier Jahr ein Jahr aus auf sein Cornet gesetzt bekommt. Jahr ein Jahr aus? «Klar», lacht Susanne, «viele verbinden das Glace-Essen mit der Sommerzeit. Doch was spricht dagegen, auch im Winter einen Coupe zu essen?» Eigentlich nichts. Susanne, du hast uns überzeugt! Und Skeptiker sollen doch einfach selbst einen Blick in die Kühlvitrine der Gelateria werfen, die von Farb- und Geschmackvielfalt fast zu überquellen scheint. Danach wird sich wohl jeder sogar im Advent oder zu Ostern nach einem Joghurt-Brombeere-, Zimt- oder Haselnussglace sehnen. Garantiert!
Italianità in Zürich
Zürich lebt von seinen Bars und den vielen Restaurants, doch eines fehlt der Stadt bis heute: Die innige Liebe zu Glace. «Statt ins Kino zu gehen oder sich auf ein Glas Rotwein zu verabreden, kann man sich doch ebenso auf einen Coupe treffen», erklärt Susanne, um gleich mit ihrer Zukunftsvision fortzufahren: «Ich wünsche mir, dass auch in Zürich eine Glace-Kultur auflebt!»
Mehr als «nur» Gelati
Das Glace kann der Gast – wie gewohnt – entweder im Becher oder in der Waffel zum Mitnehmen bestellen. Wer jedoch Neues ausprobieren will, wagt sich an das Spaghetti-Eis, eine Spezialität, die vor allem von unseren deutschen Nachbaren heiss geliebt ist. Es handelt sich dabei um in Nudeln gepresstes Vanilleglace mit Erdbeersauce, das an Spaghetti Napoli erinnert. Wem das zu viel ist, peppt sein Lieblingsglacé stattdessen mit Espresso auf – ein klassischer Affogato al caffè aus Italien. Und die Kreativen, die ihres «Glace-Glücks» selbst Schmied sein wollen, stellen den Coupe einfach selbst zusammen – inklusive Toppings. Hier gibt es zum Beispiel hausgemachte Schoggi- oder Karamellsauce, warme Beeren oder Krokant.
Während beim Glacé-Angebot Einflüsse aus ganz Europa hineinspielen, führt der Kaffee wieder zurück zu den Wurzeln: Nämlich in die Zürcher Rösterei Stoll, von wo die Bio-Kaffeebohnen bezogen werden. Mit viel Raffinesse und Barista-Knowhow werden die exquisitesten Kaffeespezialitäten kreiert, etwa der in Portugal populäre Galão.
Wir sehen Grün
Denkt man an das Innenleben einer Gelateria, drängt sich zuerst das Bild jener Eisdielen auf, die man aus den amerikanischen Fernsehserien kennt: Grelle Neonlichter, knallbunte Tapeten und geschmacklos zusammengewürfelte Plastikmöbel. Gelati Tellhof aber sieht so ganz und gar nicht danach auch. Die Gelateria erinnert eher an ein schmuckes Einrichtungshaus. Oder an ein gemütliches Wohnzimmer, in dem man ganze Sonntage verbringen könnte. Die helle und moderne Innenausstattung trägt einen Grossteil dazu bei. Das Highlight ist aber das mächtige Wandregal gegenüber der Glace-Vitrine, das liebevoll mit allerlei Kleinigkeiten bestückt ist: Hier stehen Topfpflanzen, da stapeln sich Trinkgläser und dort stehen Erinnerungsbilder vom Glace-Wagen am Seeufer. Apropos See: Die Wände sorgen mit ihrer warmen türkisblauen Farben nicht nur für Wohlfühlatmosphäre, sondern erinnern jeden Gast an den Ursprung dieses Lokals: Das Glace-Wägeli, das seit 1998 am Ufer des Zürichsees den Sommer für etliche Menschen zum Märchen macht.
Der INSIDER empfiehlt
Schafft man es am Samstag, 19. August nicht in die Tellstrasse 20 zu Susanne und ihrem Team, lohnt es sich bald einmal vorbeizuschauen. Und denkt daran: Man ist ein gern gesehener Gast, selbst wenn es draussen stürmt und hagelt. Glace geht schliesslich immer. Vor allem wenn es Glace von Gelati Tellhof ist.
Gelati Tellhof
Tellstrasse 20
8004 Zürich
Sommer-Öffnungszeiten:
Täglich 12:00 – 22:00 Uhr
Wird ausprobiert, auch mal was anderes, mit dem Zug zum Cup….
Hallo Mona.
Super! Wir wünschen euch einen guten Start.Wir werden mal vorbei kommen;aber zuerst gehts jetzt ins BWP-Entlebuch.
Liebe Grüsse aus Küssnacht am Rigi
Das Küchenteam URI
Theres u. Hans