Das Einfachste ist oft das Beste. So beschreibt Ludwig Hatecke das Angebot seiner Metzgereien, und das passt auch auf seine neueröffnete Zürcher «Bacharia Alpina» am Löwenplatz. «Schlicht, aber schön», meint auch Sohn David, der nun in der vierten Generation gemeinsam mit seinem Vater das Zürcher Geschäft führen wird.
Ebendiese Qualität schätzen Hateckes Stammkunden am Engadiner „Designer Metzger“. Jetzt wollen die Hateckes ihr edles Fleisch, das sie seit 30 Jahren selber schlachten und in den eigenen Bacharias verarbeiten, auch den Stadtzürchern schmackhaft machen. Wir konnten uns schon vorab bei einem exklusiven Gespräch von dem traditionellen Engadiner Familienerbe überzeugen.
Engadiner schnuppern Stadtluft
«Bun di!» – Pünktlich um 7.07 Uhr am Freitag, 7. 7. werden wir vom Personal, allen voran Vater und Sohn Hatecke, mit einem herzlichen Händedruck in der schicken Filiale an der Usteristrasse 12 willkommen geheissen und sogleich vom aufmerksamen Personal zu einem Wasser oder Glas Rotwein eingeladen. Zweiteres passt, trotz früher Morgenstunde, perfekt zu den Fleischspezialitäten, die den neugierigen Besuchern serviert werden.
In dem Lokal, das eine lange, schlichte Fleischtheke mit dem bestuhlten Bistroteil der «Barboucherie» verbindet, hat sich nämlich eine beachtliche Schar von Frühaufstehern versammelt. Die meisten sind bereits Kunden in einer der drei Engadiner Filialen und die meisten davon kennt Hatecke persönlich. Die Stimmung ist feierlich, es werden Blumensträusse überreicht und viel gelobt. Die Engadiner Gastgeber geben sich dennoch zurückhaltend und bescheiden, es werden keine Reden geschwungen und auch Musik wäre fehl am Platz. Denn hier gilt die Aufmerksamkeit allein dem Fleisch.
Bewusst Fleisch geniessen
Wahrscheinlich bin ich die einzige Vegetarierin hier, doch das stört mich für einmal überhaupt nicht. Denn bei Hatecke sucht man vergebens nach grober Fleischeslust oder animalischer Männlichkeit. Wenn Fleisch, dann so! Dass mir Hateckes Einstellung gefällt, das habe ich auch schon im Gespräch mit ihm gemerkt. Ganz nach dem Credo «Ohne Schuld kein Leben» sei es ihnen wichtig, ihren Respekt gegenüber dem Tier so zu vermitteln, dass diese Wertigkeit für die Kunden lesbar sei. Dazu gehöre auch die sorgfältige Verarbeitung der wertvollen Fleischstücke.
«Fleisch sollte man nur in kleinen Mengen und auch nicht jeden Tag essen. Wir haben in unseren Butias auch keine Schränke mit riesigen Stücken drin. Das hat mich nämlich in den Metzgereien, in denen ich aufgewachsen bin, schon immer gestört. Fleisch ist weder grob noch männlich – Fleisch ist etwas edles und wertvolles und man sollte es auch dementsprechend wertschätzen.»
Gleichzeitig will Ludwig Hatecke auch auf die Leute eingehen, die gar kein Fleisch essen. Obwohl sie natürlich dem Hiltl keine Konkurrenz machen wollen, wie er augenzwinkernd einräumt, kommen in der «Barboucherie» auch Vegis in den Genuss der Engadiner Spezialitäten. Auf der überschaubaren Karte, die von Morgen bis Abend dieselbe ist, stehen verschiedene feine Salate oder Suppen, die in der kleinen versteckten Küche frisch zubereitet werden. Und laut Hatecke ist auch ein vegetarisches Capuns ohne Speck geplant.
Der Gaumen bestimmt, was wir wieder kaufen
Doch wir sind ja hier wegen des Fleischs. Und dafür ist Hatecke genau die richtige Adresse. Ludwig Hatecke bezeichnet sich selber als Traditionalist in Sachen Fleischverarbeitung und Angebot. Weil das Einfachste ja meist das Beste sei, findet man in der «Bacharia Alpina» etwa Carpaccio, Carne Crudo, sowie Saluto oder den angeblich besten Salsiz, wie mir ein Stammkunde beteuert. Oder aber Hateckes «Engadiner Bergkristall», das dreieckige Pendant zum Bündnerfleisch von der rhätischen Milchkuh.
All diese äusserst sorgfältig verarbeiteten und ästhetisch verpackten Produkte stammen von Tieren aus den Bergzonen oder von den Weiden rund um Scuol und Samedan. «Mir ist es wichtig, dass unsere Tiere, die wir schlachten, nur Gras fressen. So kommt man an die ungesättigten Fettsäuren. Fleisch von Masttieren ist schwerer verdaulich und es ist einfach eine andere Art von Fleisch», erklärt Hatecke.
Die Metzgerei, in der man auch essen kann
In der «Barboucherie», im angrenzenden Bistro, sind derweil noch weitere Fleischspezialitäten im Angebot. Alles «sehr, sehr einfache Gerichte», wie Hatecke betont. An den schlichten Tischchen kann man etwa diverse geschmorte Fleischsorten mit der Engadiner Kartoffelspezialität Plain in Pigna (geraffelte Kartoffeln mit Salsiz-Stückchen) geniessen. Und ganz nach St. Moritzer Vorbild soll es zudem ein- bis zweimal in der Woche eine Grillade auf der hauseigenen Dachterrasse geben. Die Engadiner Edelmetzger scheinen zu wissen, was wir Stadtzürcher wollen…