Wer sind Zürichs Gastronomen, Köche, Beizer, Verkäufer, Lieferanten und Produzenten? Wir haben sie ausfindig gemacht, fotografiert und ihnen Fragen gestellt. Herausgekommen ist jede Menge. Denn eines ist sicher: Wo gegessen wird in Zürich, wird nicht nur gekocht. Sondern auch gedacht. Was in diesen Köpfen vorgeht, das verraten wir Dir in unserer „Züri Edition“. Den Anfang macht Laura Schälchli, Slow-Food-Gastronomin und Visionärin mit Geschmack.
Weg vom schnellen Essen aus der Kartonverpackung
Laura Schälchli ist ein bekanntes Gesicht bei den Foodies in Zürich. Sie streift über den Markt am Helvetiaplatz, zeigt in Kursen, wie man Gemüse fermentiert und spricht bei Aeschbacher über das Kochen mit Blut. Ihr Netzwerk in Zürich umfasst kreative Pop-up Köche wie ValeFritz von Wood Food genauso wie verschiedene Gemüsebauern aus der Region.
Vordergründig sorgt Laura Schälchli bei ihren Kursen und Projekten mit Sobre Mesa dafür, dass ihre Gäste eine schöne Zeit und gutes Essen auf dem Teller haben. Doch hintergründig steckt tagelange Kopf- und Konzeptarbeit in ihrem Schaffen.
„Wer interessiert ist und nachfragt, dem kann ich an meinen Anlässen genau erklären, warum ich mich für das Radieschen in der Vorspeise entschieden habe oder wieso die Pasta aus Eigelb besteht.“ Denn Laura Schälchli ist zwar an vielen Fronten dabei, doch sie ist vorallem eines: Slow Food Gastronomin. Das heisst sauberes, gutes und faires Essen steht bei ihr im Mittelpunkt.
Damit trifft sie den Nerv der Zeit, denn immer mehr Zürcher möchten wissen, woher ihr Essen kommt und was dessen Produktion für Auswirkungen hat. Ganz nach dem Motto: Weg vom abgepackten und gekühlten Kiosk-Sandwich und hin zum frischgebackenen John Baker-Brot mit Salami aus dem Zürcher Hinterland.
Produzenten und Konsumenten am selben Tisch
Trotz ihres Engagements liegt es Schälchli fern, zu missionieren oder zu belehren. Die Aufklärung und Sensibilisierung klappt automatisch, wenn sie Konsumenten und Produzenten an denselben Tisch bringt, um gemeinsam zu essen. „Dieses Zusammenrutschen ist wichtig, denn damit steigt die Wertschätzung für das Essen – wenn wir wissen, wer es produziert hat und wie viel Arbeit dahintersteckt, geniessen wir mehr.“ Und wer das Essen mehr schätzt, der schmeisst weniger weg. Und ist ausserdem bereit, vielleicht etwas mehr dafür zu bezahlen, oder in Lauras Worten „den echten Preis zu bezahlen, von dem alle etwas haben.“
Bei Laura Schälchli sprudeln die Ideen. Auch mit Sobre Mesa hat sie noch einiges vor. Foto: Lunchgate/Simone
Die Herkunft ist das eine, wo das Essen hingeht das andere. Laura stehen die Haare zu Berge, wenn sie im Laden Zwei-Deziliter-PET-Fläschli mit Saft oder die Abfallberge im alten botanischen Garten sieht. Das Umdenken ist aufwändig, doch machbar: „Wir versuchen bei unseren Caterings möglichst wenig Abfall zu produzieren. Wir kochen zum Beispiel für 50 Leute und haben am Ende nicht mal einen 36 Liter-Müllsack gefüllt. Das macht mich dann schon ein bitzeli stolz.“
Zürich auf dem Weg zur Genussstadt?
Und wo steht eigentlich Zürich in den Augen der Präsidentin von Slow Food Youth Schweiz? Laura gerät ins Schwärmen bei Zürcher Restaurants mit viel Charakter und guter Küche, wie etwa dem charaktervollen Ristorante Italia oder beim durchdachten, aber simplen Konzept der Metzg an der Langstrasse. Weniger begeistert ist sie von Konzepten, die eins zu eins aus anderen Städten kopiert sind. „Schöner ist es doch, wenn sich Gastronomen selber etwas überlegen und das Konzept dem Ort entspricht.“ Und natürlich entgehen ihr auch keine Details: Zum Beispiel wenn das hippe Gartenrestaurant nachhaltig sein will, aber dann industriell produziertes Bier serviert. Das passe einfach nicht zusammen. „Ein Lokal sollte Charakter haben, mit der Stadt verbunden sein und individuell sein. Davon hat es in Zürich bereits einige, doch es geht definitiv noch mehr.“
Wem sollen wir in der nächsten „Züri Edition“ auf den Zahn fühlen? Schreib es uns in einem Kommentar oder via insider@lunchgate.com.