Es passiert nicht alle Tage, dass man von der SBB direkt vor die Türe eines Pop-up-Restaurants gefahren wird. Aber genau das dürfen einige Gäste am Eröffnungsabend des neusten Zürcher Pop-ups erleben. Auf der grossen Anzeigetafel am HB Zürich steht ganz unten: Only Temporary, 18:15 Gleis 4. Dort wartet ein Zug, der alle Blicke auf sich zieht: Der knallrote Churchill, mit den alten, wunderschönen Speisewagen der SBB. Ach, Nostalgie! Mit einem Glas Champagner in der Hand rattern wir dann mit dem Zug direkt vor die alte NZZ Druckerei in Schlieren.
Der Abend startet schon mal aussergewöhnlich mit dem roten Zug „Churchill“. Foto: Lunchgate/Simone
Das ist zwar nur am Eröffnungsabend möglich, doch die Anekdote zeigt, wie das Pop-up Only Temporary vom dine&shine Event Catering funktioniert. Dank Partnerschaften mit anderen Unternehmen und Labels wird den Gästen im Only Temporary weitaus mehr geboten, als in einem normalen Pop-up (wobei, welches Pop-up ist schon normal?).
Die Druckerei-Halle ist verwandelt
Beim Eintritt in die riesige Halle der alten NZZ Druckerei sind wir überwältigt: Hunderte Lichter in wechselnden Farben lassen die riesige Halle aussehen wie eine moderne Märchenwelt. Es gibt allerhand zu entdecken: ein Photobooth-Bus fürs Erinnerungsbild, ein offenes Tätowierstudio, ein kleiner Spirituosen Shop, eine Ausstellung von Bilder, viele schöne Sitzgelegenheiten, lange, elegante Tafeln fürs Abendessen … und nicht zuletzt die offene Küche. Man kann sich gar nicht sattsehen. Doch der Magen knurrt und so bedienen wir uns schon mal beim Apéro – den man sich selber aus einer Auswahl an Trockenfrüchten, Chips und Nüssen zusammenstellen kann.
Mal was anderes: Jeder Gast stellt den Apéro-Mix aus Nüssli, Trockenfrüchte, Chips, Gummibärchen und mehr selber zusammen. Foto: Lunchgate/Simone
Am Tisch wartet dann die nächste Überraschung: An jedem Platz liegt eine Art Zeitung, in der man alles über dine&shine und die Partner erfahren kann und die auch schon mal die News des Abends verkündet: das Menü. Dieses ist – ganz im Geiste der alten NZZ Halle – von Farben inspiriert. Wir fragen uns wie das gehen soll und finden es wenig später schon heraus.
Schwarz-Weiss: Die Focaccia hat seine Farbe von der Kohle. Foto: Lunchgate/Simone
Ein Menü in allen Farben
Zum Beispiel mit dem Appetizer. Einmal schwarzes, einmal weisses Brot, dazu weisse Ricotta-Butter und dunkle Butter, die ihre Farbe dank Rapssamen erhält. Das ist originell und sieht toll aus, nur das Brot dürfte knuspriger sein. Weiss ist auch das Süppchen, das als erster Gruss aus der Küche kommt. Als Basis dienen Zuckerrüben – sehr ungewohnt – und die Geschmackskombination aus süss, erdig und würzig ist einerseits neu (wann kochen wir schon mit der ganzen Zuckerrübe?), wirkt aber dennoch vertraut.
Sieht aus wie ein ganz normales Süppchen, schmeckt aber aussergewöhnlich Foto: Lunchgate/Simone
Der nächste Gang sieht spektakulär aus: Cyan, wie das Blau für den Druck genannt wird, ist tonangebend auf dem Teller. Herzstück ist ein Fisch aus dem Vierwaldstättersee, mit Ceviche gefüllt, begleitet von blauen Tapiokakugeln und lila Blumenkohl. Der Fisch ist zurückhaltend gewürzt. Das Gemüse ist säuerlich und würzig. Ein geschmacklich zurückhaltender, aber sehr schöner erster Gang. Hut ab übrigens für die vegetarische Variante: Die Frühlingsrolle in Cyan ist innen knackig und würzig dank rotem Quinoa und Rotkabis.
Ein Augenschmaus in Cyan: Fisch aus dem Vierwaldstättersee, Ceviche, Blumenkohl, Tapioka. Foto: Lunchgate/Simone
„Magenta“, der Hauptgang, kommt ganz in Rot. Das Rindsflank überzeugt mit einer würzigen, fast schon etwas zähen Kruste (was absolut positiv ist) und einem zarten Innern.
Edel in Magenta: Rind, Randen, Tagliatelle. Foto: Lunchgate/Simone
Auch die Falafel meiner vegetarischen Begleiterin sind sehr würzig und gelungen – höchstens ein wenig trocken. Ein weiteres Highlight auf ihrem Teller ist das weiss-rote getrocknete Randen-Chips. Das Kochteam arbeitet mit Liebe zum Detail und denkt an die Vegis – was in einem Pop-up nicht selbstverständlich ist.
Dafür gibt es viel Liebe: Die vegetarischen Teller sehen ebenfalls toll aus. Foto: Lunchgate/Simone
Es geht weiter mit dem Gang Yellow. Die grosse Mais-Tofukrokette, aromatisiert mit Rauchgeschmack und begleitet von Popcorn und Pastinakenpüree, ist ein sehr spezieller Gang – und eine schöne Idee, nach dem Hauptgang noch einen salzigen Zwischengang zu servieren.
Eine Liebeserklärung ans Gelbe vom Essen. Foto: Lunchgate/Simone
Fürs Dessert wird’s dann richtig bunt: Rolf Mürner, Pâtisserie-Weltmeister, lässt uns einen Blick in die Welt der Haute Pâtisserie werfen. Auf dem Teller liegt ein Regenbogen von Farben. Die Teilchen zerfallen im Mund und geben pure Himbeersauce oder Schokolade frei. Sie habe alle verschiedene Konsistenten – innen flüssig, oder aus Glacé, Marzipan oder Crème.
Pâtisserie vom Weltmeister Rolf Mürner. Foto: Lunchgate/Simone
Es ist eine überraschende, liebevolle und kreative Küche, die uns das Kochteam von Only Temporary bietet. Nicht nur das Farbkonzept, sondern auch die Themen „Saisonal“ und „Regional“ durchziehen das Menü. Es wird frisch und originell mit urschweizerischen Zutaten wie Randen, Pastinaken, Rüben, Mais, Rotkabis, Fisch und Fleisch aus der Nähe jongliert. Gleichzeitig darf aber auch exotisches wie Tapioka, Reispapier, Granatapfel und Falafel mit auf den Teller. Zudem waren die vegetarischen Gänge dem Fleisch absolut ebenbürtig.
Extravagantes Ambiente für 95 Franken
Den 5-Gänger im Only Temporary gibt es für 95 Franken. Teuer? Eher ja, aber absolut angemessen für einen Abend in aussergewöhnlich schönem Setting und mit vielen Extras. Im Preis ist der Wein noch nicht enthalten. Da die Auswahl von Smith&Smith stammt, sollte man jedoch unbedingt noch einen grosszügigen Batzen mitnehmen. Uns hat die Weinauswahl sehr überzeugt.
Fazit: Hingehen!
Während die einen Pop-ups auf exotisch setzen und die anderen auf ausgefallen, hat Only Temporary sein Credo gefunden: grösser, schöner, spektakulärer. Wer Only Temporary auf diesem Gebiet Konkurrenz machen will, wird es schwer haben.
Ob man neben den vielen tollen Extras, dem leckeren Essen, der schönen Atmosphäre auch noch die Abendunterhaltung durch einen Moderator braucht, sei dahingestellt. Mit Eventgastronomie hat dine&shine jedenfalls nicht zu viel versprochen – und mit Only Temporary ein Erlebnis geschaffen, das noch sehr lange nachklingt.
Lesen am Tisch erwünscht: Das Pop-up überzeugt mit vielen stimmigen Details. Foto: Lunchgate/Simone
Wir danken an dieser Stelle für die Einladung und den schönen Abend im neuesten Pop-up Restaurant in den ehemaligen Räumlichkeiten der NZZ Druckerei. Der Lunchgate Blog ist ein eigenständiges Format und finanziert sich unter anderem durch solche Anlässe.