In Zürich ist ein neuer Trend angekommen. Viele Gastronomen haben die Beliebtheit von kleinen Gerichten wie Tapas und Mezze erkannt und überlegen sich neuerdings auch Sharing-Konzepte in der traditionellen Küche, wie etwa Freyas Sommer in Wiedikon. Und nun auch Lotti in der Innenstadt. Das Lokal wurde erst vergangenen Sonntag eröffnet und hat noch nirgendwo eine Speisekarte publiziert. Wir verraten euch deshalb hier, was euch im Lotti erwartet.
Lotti und ihre Trophäen
Lotti – ein eingängiger Schweizer Name der hängen bleibt. Kurz und prägnant, das war den Inhabern mit langjähriger Gastro-Erfahrung wichtig.
Der Gastraum um die offene Theke ist modern und doch heimelig eingerichtet. Antike Möbel wurden mit Liebe ausgewählt und geschickt mit neuen Stücken kombiniert. Gebrauchte Schilder und Leuchtreklamen zieren die Wände, darunter eines der Agip-Tankstelle mit schwarzem Hund auf gelbem Hintergrund. Sogar die goldenen Bögen finden hier kopfüber einen Platz, gekrönt von fünf roten Sternen.
Kombinieren, teilen, probieren
Bei der Ankunft auf der Terrasse begrüsst uns Martin Arnold, einer der Mitinhaber. Wir sind früh dran und er hilft am Anfang des Abends im Service mit. Er duzt uns gleich, was uns sympathisch ist, und bringt das Menü. Wir sind gespannt.
Auf einer Doppelseite finden alle Gerichte Platz, von Apéro über den „Züriflade“ (was das ist, erfahrt ihr weiter unten!) bis zu den Desserts. Martin erklärt uns das Konzept: die Gerichte sind bewusst kleiner, damit man mehrere davon bestellen und teilen kann. Wer es lieber klassisch mag, bestellt zwei bis drei Speisen für sich allein. Im Zweifelsfall empfiehlt Martin weniger zu wählen und allenfalls nachzubestellen. Das finden wir gut, weil man dadurch weniger Gefahr läuft sich zu überessen.
Im Lotti setzt man wie vielerorts auf „lokal und saisonal“. Die Getränkeauswahl ist beachtlich, unter den Softgetränken wird auch ein hausgemachter Ice Tea angeboten. Abgesehen davon bekommt man die üblichen Limonaden grosser Marken. Leitungswasser wird im Lotti übrigens verrechnet – für 3 Franken pro Person gibt es das à discretion. Bei den Bieren, Weinen und Spirituosen findet man erfreulicherweise einiges von regionalen Produzenten.
Herrliche Speisen vom Holzkohlegrill
Wir entscheiden uns für die klassische Variante und beginnen mit Pulpo und Tomate vom Grill mit Brunnenkresse (19 Franken) sowie dem Marktsalat mit Senfsaat-Vinaigrette (10 Franken). Dazu bestellen wir marinierte Oliven als Apéro (5 Franken).
Das Herzstück der halboffenen Küche im Lotti ist der eingebaute Holzkohlegrill. Der Pulpo bekommt dadurch ein feines rauchiges Aroma. Mit etwas Olivenöl beträufelt und ein wenig grobem Meersalz darüber – mehr braucht es gar nicht. Die saftige, fleischige Tomatenhälfte und die Brunnenkresse runden das Ganze ab.
Auch der frische Marktsalat meiner Begleitung schmeckt wunderbar. Sie lobt die Senfsaat-Vinaigrette und auch das KAG-Stunden-Ei als Extra dazu war eine gute Wahl: Das Ei wird nach der alten japanischen Onsen-Methode eine Stunde lang bei 63°C gegart. Im Gegensatz zum pochierten Ei wird dadurch auch das Eiweiss wachsweich.
Pizza heisst hier Züriflade
Bei Lotti wird die allseits beliebte Pizza neu interpretiert. Je nach Belag kostet dieser zwischen 11 und 19 Franken. Ich wähle den Züriflade mit Sauerrahm, geräuchertem Bauchspeck und roten Zwiebeln für 13 Franken. Er erinnert mich unweigerlich an Flammkuchen. An sehr guten Flammkuchen mit einem dicken, knusprigen Teig.
Meine Begleitung hat das Tagesangebot, den Bio-Lachs vom Grill mit Couscous (28 Franken), gewählt. Der Lachs hat einen dunklen Rotton, er ist perfekt grilliert, innen noch leicht glasig, die Haut schön knusprig. Mit dem fein abgeschmeckten Couscous dazu ist auch dieses Gericht ein Volltreffer und meine Begleitung dementsprechend begeistert.
Professioneller, entspannter Service
Auch als alle Tische auf der Terrasse besetzt sind, bleibt das Service-Personal locker. Während mancherorts der Abendbetrieb zeitweise hektisch ist, bleibt die Atmosphäre im Lotti entspannt. Es ist immer jemand in der Nähe, der gleich zur Stelle ist um Fragen zu beantworten oder die Bestellung aufzunehmen.
Desserts im Kleinformat
Das Walliser Aprikosenkompott mit Vanillesauce und Crumble und die Panna Cotta mit frischen Beeren fallen etwas gar klein aus. Und das „Aprikosenkompott“ entpuppt sich als drei gekochte Aprikosenhälften. Diese lassen sich jedoch nicht einmal mit dem Löffel zerteilen. Die feine Vanillesauce und das Crumble trösten etwas darüber hinweg. Trotzdem erscheinen 10 Franken für so eine kleine Portion ein bisschen unverhältnismässig. Dasselbe gilt für das sehr gute, erstaunlich leichte Panna Cotta. Auch dieses Dessert für 8 Franken ist leider schon nach ein paar Löffeln im Magen verschwunden.
Der INSIDER empfiehlt
Morgens wird die Auswahl im Lotti einfach gehalten mit Kafi und Gipfeli. Tagsüber stehen frisch gebackene Kuchen auf dem Buffet beim Eingang.
Für ihre Grösse sind die Gerichte teilweise nicht günstig, dafür sind sie geschmacklich top. Wer es unkompliziert mag, gut essen möchte und gerne verschiedene Speisen im Sharing-Prinzip ausprobiert, sollte auf jeden Fall beim Lotti vorbeischauen.