Der nahe Osten, ein politisches Pulverfass. Nicht so an der Feldbergstrasse 23 im Kleinbasel. Denn da isst man sich durch marokkanische, anatolische, persische, armenische, libanesische und israelische Köstlichkeiten. Hier kocht man über die Ländergrenzen hinaus, stiftet so Frieden auf dem Teller und schöpft sich als Gast Gabel um Gabel ein Stück «kleineFreiheit» in den Mund.
Frei fühlt man sich im seit Oktober 2019 eröffneten Restaurant nicht nur wenn man sich durch die orientalische Vielfalt im Essensflyer blättert, sondern auch wenn man den wohnzimmerartigen Raum betritt. Und wenn man der Geschäftsführerin Anaïs Leu zuhört, merkt man schnell, dass «Restaurant» ein zu enger Begriff für das Lokal am Erasmusplatz ist. Sie spricht vielmehr von einem «freien Ort», an welchem es Platz für Konzerte, Ausstellungen und Lesungen haben soll. Hierfür wurde extra eine kleine Bühne errichtet. Bei diesem Freiheitsgelübte erstaunt es nicht, dass sich der Student mit Laptop einen ruhigen Platz zum Arbeiten sucht, ein alternatives Paar in den Vierzigern Kaffeetassen und gegenseitige Hände nicht mehr loslassen möchte und die beiden Kreativen in farbenfrohen Socken während dem Mittagstisch über die derzeitige Ausstellung im Kunstmuseum plaudern. Ein Ort für jedermann und -frau. Von jung bis alt. Für das Quartier, aber auch für die Stadt.
Koriander als Brückenschlag
Und schon wird serviert: der marokkanische Karottensalat geht an meine Begleitung, der bunte, kurdische Bergsalat ist für mich. Kurdischer Abstammung ist auch der stets lächelnde Herr, der heute seinen ersten Arbeitstag hat und der – wie alle zukünftigen Angestellten – nicht aufgrund von Lebenslauf und Zeugnissen, sondern aufgrund zwischenmenschlicher Sympathie eingestellt wurde. Flache Hierarchien, das ist Anaïs wichtig. Was mir jetzt wichtig ist: der Geschmack der Vorspeise. Fenchel, Granatapfelkerne, Karotten, Blattsalat, Spinat und Limettendressing harmonieren perfekt miteinander. Auch der reingeschmuggelte Koriander fügt sich ins grosse Ganze ein. Letzteren fand ich auch auf der Probiergabel des Karottensalats meines Gegenübers wieder – ist der Koriander das Geheimnis der friedlichen Koexistenz des kurdischen und marokkanischen Tellers nebeneinander? Schlüpft der Koriander als Friedensbringer in die vermittelnde Rolle zwischen nahöstlichen Staaten?
In die Pfannen gucken
Vor dem Hauptgang wandte ich meinen Blick ab von der üppigen Vegetation, ab vom leuchtenden Globus, ab von der Gitarre im Fenster und ab von der Theke aus bunten Mosaiksteinchen – und guckte in die Pfanne. Was Timon hier in seinem farbenfrohen, anatolischen Jäckchen («Meine weisse Kochjacke ist gerade in der Wäsche») brutzelte, sah schon jetzt zum Anbeissen aus.
Hauptgericht: Israelisches Chakchouka und marokkanische Gemüse Tajine. Leichte Süsse trifft auf gute Schärfe (beim Chakchouka) und geschmackliche Vielfalt auf Buntes (beim Tajine). Authentisch und ohne viel Schnickschnack liegen die Speisen vor uns und genau deswegen machen sie Lust auf mehr. Reduced to the max kommt auch der «Orientalische Wintertraum» auf den Tisch: Joghurt, Orangen, Datteln und Pistazien runden unser Mittagessen harmonisch ab. Dass man auch wirklich Orientalisches im Teller hat, dafür übernimmt Ismail Korkut die Verantwortung. Als Inhaber des neuen Kulturlokals und von drei Zazaa-Restaurants in Basel wuchs er in den letzten Jahren zu einem Fixstern am Firmament von Tausendundeiner Nacht heran.
Fazit
Friedlich, fühlt man sich nach einem solch leckeren, authentischen Mittagessen in Wohlfühlatmosphäre. Schade, reicht die abwechslungsreiche, orientalische Küche nicht auch im nahen Osten aus, für Frieden zu sorgen.
Für: Nachhaltig orientierte Menschen, deren Wohnzimmer zu klein ist, gerne spielen, Kultur lieben und Vegetarisches/Veganes Fleisch vorziehen.
Wechselnde Tages-Menüs mit Vorspeise und Hauptgang für CHF 19.00