Bei uns denkt man bei „Türkisch“ gerne mal an „Döner“ – und dieser ist erst noch eine Berliner Erfindung. Höchste Zeit also, dass eine Zürcher Gastronomin uns eines Besseren belehrt. Elif Oskan (Rosi, Miss Marshall, Wood Food) hat erst kürzlich das „Restoran Gül“ eröffnet. Die Erwartungen sind hoch als wir zu einem Zmittag dort eintreffen.
Schliesslich ist die Türkei – kulinarisch gesprochen – das Land, in dem Milch und Honig fliessen. Vielfalt und Reichhaltigkeit prägen die anatolische Küche, Gewürze, Kräuter, Fleisch, Fisch gibt es in unzähligen Kombinationen, doch auch Gemüse wird auf unterschiedlichste und liebevolle Weise integriert. Und dann sind wir noch nicht mal bei der Vorliebe der Türkinnen und Türken für Süsses angekommen, für nahrhafte Suppen oder unzählige, kleine Snacks.
Wir berichten also von einem ersten, schnellen Lunch im Gül. Die Lunchkarte fällt zum Beginn noch etwas bescheidener aus, wird aber noch aufgestockt. Auf der Abendkarte locken Gerichte wie gefüllte Miesmulscheln, türkische Dumplings und Bulgur Knödel.
Sättigend und lecker am Mittag, aufwändiger am Abend
Das schöne Interieur von Gül mit viel Licht, Raum, frischen Farben und einer offenen Küche überzeugt uns sofort. Auch die hausgemachte Limos (Quitte) und der Eistee (Hagebutte) sind toll. Beim türkischen Joghurt-Getränk Ayran vermisse ich leider den Schaum, der sich in den Istanbuler Strassenmärtken gerne in unendliche Höhen türmt.
Wir bestellen Pide, ein Teigschiffchen mit Ei, Feta, Tomaten und Brunnenkresse, der aromatisch und intensiv, aber auch frisch und saftig ist – ein sehr schöner Lunch. Lahmacun – ein Teigflagden mit Tomaten und Lamm schmeckt ebenfalls frisch gemacht und würzig. Ci Köfte Dürüm ist Tomaten-Bulgur im Fladenbrot, den man am besten gerollt wie einen Wrap isst. Dass einfaches Tomaten-Bulgur so gut schmecken kann, ist nur einer der vielen Überraschungen, welche die türkische Küche bereit hält.
Die dazu gereichte Suppe mit Kichererbsen, Joghurt und Oregano wäre für mich auch als ein eigenständiges Gericht überzeugend – nährend, warm und reichhaltig ist sie ideal für kalte aber sicher auch für wärmere Tage.
Im Osten viel Neues
Unser Fazit: Dass das hochkarätige Team von „Gül“ sorgfältig zubereitete Gerichte von hoher Qualität anbietet, erstaunt wahrscheinlich niemanden mehr. Schliesslich weiss Oskan, wie’s geht. „Gül“ ist also ein willkommener Zuwachs zu Zürichs hippen Restaurants, die fremdländische Gerichte sorgfältig und originalgetreu servieren. Dass Gül sich ausschliesslich der bunten anatolischen Küche widmet und nicht noch der allgemeinen orientalischen Häppchen- und Hummus-Hysterie verfällt, rechnen wir ihm hoch an. Zudem sind wir nach dem Lunch gespannt darauf, was ein Abendessen bereithält.
Wie bei jedem frisch eröffneten Restaurant stockt es zwar noch hier und da, das macht aber nur schon die breit lächelnde, unaufdringliche und sichtlich begeisterte Bedienung wieder wett.
Gül: Ein wertvoller Blick über den Bosporus
Gül operiert natürlich mit Zürcher Zahlen, darum darf man sich nicht zu sehr nach Istanbul zurückversetzt fühlen – dafür sind die Preise schlicht zu hoch. Wie so oft in Zürich kann man aber ein Auge zudrücken: Denn Gül verspricht ein Essen, das einem einen schönen Vorgeschmack auf die von Orient und Okzident geprägte, aber doch sehr eigenständige, pulsierende Küche der Türkei liefert.
Gül Restoran
Tellstrasse 22
8004 Zürich