Alle Deine Bekannten zieht es in den Süden und nur Du bleibst diesen Sommer zuhause? Halb so schlimm, denn in Pfäffikon SZ nur 40 Zugminuten von Zürich wartet jetzt ein peruanisches Abenteuer auf Dich. Bis am 4. August 2018 gastiert dort nämlich der peruanische Spitzenkoch Kiko Zeballos, der uns schon vor zwei Jahren im Pop-up Lokal Se Llama Peru begeistert hat. Und das Gasthaus zum Rathaus ist der perfekte Schauplatz für diese kulinarische Reise nach Peru: Direkt am Zürichseeufer gelegen besticht das Restaurant nicht nur mit seiner wunderschönen Terrasse und Atmosphäre, sondern ebenso mit seinem sehr sympathischen und tüchtigen Personal.
Ready for take-off to Peru
Kaum haben wir an diesem Freitagabend unseren Platz mit Seeblick eingenommen, wird uns auch schon ein eiskalter Pisco Sour serviert. Mit dem ersten Schluck werde ich in die kleine peruanische Dorfbeiz katapultiert, wo ich anno dazumal auf meiner Peru-Reise meinen ersten Pisco getrunken habe. Der peruanische Cocktail ist hier genau so, wie ich ihn in Erinnerung habe: Süss-sauer, süffig, fein.
Wir lernen den charmanten Gastgeber Christian kennen, der uns einen kurzen Überblick zur bevorstehenden Genuss-Reise durch Peru gibt: Es erwarten uns 4-Gänge, einmal klassisch mit Fisch und Fleisch für mein Gegenüber, und für mich einmal vegetarisch und, allergiebedingt, ohne Paprikagewächse. Dies habe Kiko in der Tat vor eine Herausforderung gestellt, doch er habe sie gerne angenommen und die einzelnen Gänge des Menü Surprise höchstpersönlich für mich umkreiert, wie mir der Gastgeber verrät. Das kann ja nur Gutes verheissen! Mit ofenfrischem Tomaten-Olivenbrot, das wir in fruchtiges Olivenöl tunken, machen wir uns bereit für 4-Gänge «Peruanischer Sommer».
Wir haben wohl first class gebucht...
Die nächsten Stunden sind gefüllt mit Oohs und Aahs, mehrmals fallen Superlative und die Teller würden an einem etwas versteckteren Platz glatt leergeschleckt werden. Denn das was Kiko Zeballos hier zaubert, ist tatsächlich first class Niveau. Wir sind froh, wurde uns die Entscheidung mit dem Überraschungsmenü abgenommen – aber auch Gäste, die gern selber entscheiden, kommen auf ihre Kosten: Das Restaurant hat für diese Peruwochen seine Karte auf eine Handvoll sommerliche Klassiker reduziert und stellt dafür Kikos Kreationen zur Schau. So sehen wir auch auf den anderen Tellern, neben dem einen oder anderen Tatar, viele (à la carte-)Gerichte mit Kikos Handschrift.
Senkrechtstart in das peruanische Dinner
Gestartet wird ganz traditionell mit Ceviche. Das frische Nationalgericht darf natürlich bei keinem richtigen Peru-Dinner fehlen. Obwohl, ganz so traditionell kommt es dann doch nicht daher, zumindest auf meinem Teller nicht. Hier hat Kiko die Hauptzutat Fisch, er wählt dafür Wolfsbarsch, mit fein geschnittenen Champignons getauscht, was mein Vegi-Herz springen lässt. Ich befürchtete nämlich schon auf die erfrischende Limetten-Zwiebel-Kombination verzichten zu müssen. Eine geniale Idee also, und auch noch sehr gesund dazu, wie Gastgeber Christian beim Präsentieren der Vorspeisen schwärmt.
Dazu gesellen sich typisch peruanische Maiskörner, die dort etwas grösser sind und oft geröstet gegessen werden. Ich fühle mich ein zweites Mal an einen ganz bestimmten Ort – im Bus irgendwo in den Anden – zurückversetzt. Dort ist der choclo, wie der grosse Mais in Peru genannt wird, nämlich obligater Reisesnack. Die gedämpften Süsskartoffelwürfelchen und ein Bananenchip komplettieren den authentischen Einstieg.
Kulinarischer Höhenflug über die Anden
Als zweiten Gang serviert man uns einmal Pulpo an rassiger Marinade nach peruanischer Art auf cremigem Maniokpüree, sowie einen Quinoasalat mit (den wohl letzten?) Spargelspitzen. Obwohl das Gericht auf meiner Seite etwas unspektakulärer daherkommt, als der künstlerisch drapierte Pulpo, entpuppt es sich als mein Highlight!
Schon nach der ersten Gabel voll weiss ich, dass dies der allerbeste Quinoasalat ist, den ich je gegessen habe. Eigener Stolz hin oder her, aber das hier ist wirklich «next Level»: Der Quinoa perfekt fluffig, daruntergemischt feine Stückchen von getrockneten Aprikosen und Nüssen an einer erfrischenden Vinaigrette. Manchmal braucht es nicht viel. Ich erwarte eigentlich eifersüchtige Blicke meiner Kollegin, doch die ist ganz auf ihren eigenen Teller konzentriert. Sie findet die «BBQ»-Marinade super und lobt auch das Püree darunter, das weit mehr als Beilagen-Potential habe.
Der Service ist aufmerksam und scheint genauso gut gelaunt wie wir an diesem wunderbaren lauen Sommerabend. Wir müssen darum auch nicht lange auf den Hauptgang warten, obwohl die Terrasse sehr gut mit heiter schwatzenden Gästen besetzt ist.
Bei der Hauptspeise hat klar die klassische Variante meiner Kollegin den Stich. Ich bekomme zwar einen sehr leckeren Kräuterrisotto mit Favebohnen und feinherbem Geschmack, jedoch fehlt mir hier im Gegensatz zu den vorigen Gerichten der Pfiff, oder eben das gewisse Etwas. Mir ist klar, dass sonst vermutlich noch die Schärfe von Paprika oder Chili eingesetzt würden, aber auch «allergiefreundlich» wäre das machbar. So helfe ich mit frisch gemahlenem Pfeffer nach und geniesse die grosszügige Portion dennoch.
Das Rinderfilet vis-à-vis glänzt in seiner Soja-Austernsaucen-Marinade, darunter leuchtet das knallig orange Rüeblipüree. Von diesem darf ich natürlich probieren, und ich stimme mit dem Lob meiner Kollegin ein. Es ist erstaunlich würzig und wirklich lecker. Sie könne sich gar nicht entscheiden, was denn jetzt am besten sei, meint meine Kollegin. Auf jeden Fall habe sie noch nicht oft ein so zartes Rindsfilet gegessen. Und das heisst was, denn ich weiss, wie heikel sie bei Fleisch ist. Ich zeige zum See und wir bewundern den tiefroten Sonnenuntergang. Wieso eigentlich weit verreisen, wenn wir hier und jetzt alles haben, dass uns glücklich macht?
Peru, du schmeckst uns
Passend zur sinkenden Sonne, kommt auch unser Dinner langsam zum Abschluss. Das Dessert ist nochmal eine echte Überraschung: Hier spielt Kiko wieder mit verschiedenen Texturen und spannenden Kombinationen. Wir bekommen einmal ein Sorbet mit Andenbeeren (besser bekannt als Physalis) auf einem tiefroten, sauren Fruchtspiegel von einer anderen typisch peruanischen Frucht, die an Kirsche erinnert.
Auf dem zweiten Teller harmonieren die dezente Schärfe im Ingwerpudding mit dem süssen Mangopüree. Diese Variation ist dann auch der Liebling von uns beiden – nicht zuletzt wegen dem Knistern und Knallen, welches bei jedem zweiten Bissen von den Streuseln ausgelöst wird. Wir kichern begeistert und bestellen uns darauf gerade noch mal einen Pisco Sour um diesen genüsslichen Abend so abzurunden, wie er angefangen hat.
Fazit – das empfiehlt der INSIDER
Ein Besuch im Gasthaus zum Rathaus diesen Sommer stillt garantiert jedes Fernweh und der Gaumenschmaus ist garantiert: Die peruanische Genuss-Reise ist also eine echte Herzensempfehlung. Und Du brauchst dafür auch kein grosses Budget: Das 4-Gang-Dinner kostet 85, mit einem zusätzlichen Gang 95 Franken. Die Weinbegleitung kostet dann noch 35 Franken obendrauf, aber dafür sind wir ja auch mit dem Zug angereist!
Wie erwähnt ist die Küche hier sehr einfallsreich und anpassungsfähig, was Vegis und Allergiker angeht. Am besten, Du meldest dies vorher an, dann machen sie das gern – und gut! Als wir kurz vor Mitternacht zurück zum Bahnhof eilten, um noch unsere letzte direkte Zugverbindung zu erwischen, tat es uns schon fast ein bisschen weh, diesen schönen Ort zu verlassen.